Sonderbeilage | 75 Jahre WAZ

Parken verboten: Der Wagen von Jakob Funke parkte dort im April 1954. Marga Kingler / Ruhrmuseum Wagen von Herrn Funke falsch geparkt Bild mit Augenzwinkern aus dem Schatzkästchen der Fotografenlegende Marga Kingler-Busshoff „Es gibt eine neue Zeitung!“ Erich und Anneliese Brost mit engem Kontakt nach Bochum Gefühl war das damals.“ Anneliese Brost starb hochbetagt am 8. September 2010. Sie hatte ihrenMannum15 Jahre überlebt und sichnach seinemTodumseinVermächtnis bemüht. Auch dadurch, dass sie in dieser Zeit als Gesellschafterin regelmäßig noch lebhaften Anteil an der Entwicklung der damaligen WAZ-Zeitungsgruppe genommen hat. „Wattat n Krach gibt“ Wie Kumpel Anton einst dem Revier seine Identität gab Beinahe genau so wichtig wie die HerstellungderZeitung ist dasReden darüber. Sehr früh wurde etwas fürs Image getan. Dabei gelang es, für das Ruhrgebiet so etwas wie eine Identität zu schaffen und diesemit derWAZzu verknüpfen: Die WAZ und das Ruhrgebiet gehören zusammen. Es gab die verschiedensten Bücher: Das neueVerlagshauswurde mit einem aufwendig mit Fotos von Albert Renger-Patzsch versehenen Bildband beworben, die Abo-Rechnungen zierten kleine Bildchen aus den Ruhrgebietsstädten, oder imStile der damals üblichen Sammelalben gab es 1953 einen Band „Berühmte Bauten der Menschheit“. Der aber mit Sicherheit erfolgreichste Coup ge langmit der „Geburt“ vonKumpel Anton 1954. Immer in der Wochenendausgabe liefen mehr als 1400 dieser Geschichten, die liebevoll dem Volk auf Maul schauten. Geschrieben allesamt von dem früheren aus Bochum stammenden Sportredakteur Wilhelm-Herbert Koch (1905 - 1983). Wie hieß es noch: „Dicken“, sachte mal Kumpel Anton (Bild) zu mich, „wenn ain aussenKohlnpott is, dann is ain aussen Kohlnpott, schraipma so, wie datt Folk hier spricht.“ „Mann, Mann, Anton“, sarich, „watt mainze, wattat n Krach gippt! Die fain Leute und die Lehrers! Die sagn alle, datt wär fadormnet Deutsch!“ Krach hat es wenig gegeben aber dafür reichlich Lorbeeren:WilhelmHerbert Kocherhielt sogar das Bundesverdienstkreuz und die WAZ hält bis heute seine Schreibmaschine in Ehren. mike Zeitlebens hielt Erich Brost, der einige Jahre auch eine Wohnung in Bochum hatte, bevor er Anfang der 1950er mit der WAZ sozusagen nach Essen umzog, einen engen Kontakt mit der Gründungsstadt. Ein Grund dafür dürfte auch seine zweite Frau Anneliese geb. Brinkmann, gewesen sein, die aus Bochum stammte und vonBeginn an derWAZ-Mannschaft angehörte. Ursprünglich hatte Anneliese Brinkmann, diewie ihrMannder Sozialdemokratie angehörte, bei der Westfälischen Rundschau in Dortmund gearbeitet. Brost erkannte aber früh ihr organisatorisches Geschick und holte sie als seine Sekretärin und enge Mitarbeiterin nach Bochum als seine erste Angestellte. In der Anfangszeit war Organisationstalent gefragt. Ganz gleich, ob es um Schreibmaschinen, Schreibmaschinenpapier, Bleistifte oder einen simplen Schreibtischstuhl ging – Ende der 40er-Jahre war alles knapp und von den Besatzungsbehörden gelenkt. In einem Interview viele Jahre später beschrieb Anneliese Brost die elektrisierende Aufbruchstimmung dieser frühen Jahre. Damals war sie schon im hohen Alter: „Es gibt eine neue Zeitung! Haben die Leute in Bochum gerufen, als wir mit der WAZ das erste Mal auf die Straße gingen. Am Rathausplatz in Bochum riss man uns die Zeitung aus der Hand. Es war wunderbar. Ein unglaubliches Erich und Anneliese Brost. W.K.Müller Michael Weeke Im Ruhrmuseum auf dem Gelände des Welterbes Zollverein ruhen viele Schätze. Ein ganz besonderer ist das Fotoarchiv von Marga Kingler-Busshoff. Die großartige Bildjournalistin nicht nur des Essener Lebens ist 2016 im Alter von 85 verstorben. Doch ihre rund160.000demRuhrmuseumüberlasseneAufnahmenwirkenüber ihrenTodhinaus –als Dokumente der Zeitgeschichte aber auch als Zeugnisse des Alltags im sich bis heute stetig wandelnden und neu erfindenden Ruhrgebiets. Als dieWAZnoch indenKinderschuhen steckte, nahmVerlagsleiter undMitherausgeber JakobFunke noch die Einstellungen persönlich vor, so auch bei der damals 19-jährigen FotolaborantinMargaKingler. 1950, nur zwei Jahre nach der Gründung, stieß sie zur jungen Mannschaft der WAZ. Dass sich Frauen im Journalismus bewegten, war damals nochsehr ungewöhnlich. KeinWunder also, dass es manchmal hakte. Bei einem Gespräch mit Funke stärkte er ihr den Rücken: „Mädel,Dumachst das schon“, sagte er. Und sie machte. Bei einem ihrer unzähligen Streifzüge durch ihre Heimatstadt entdeckte sie offenbar auch einmal den falsch geparkten Mercedes von Jakob Funke in der Essener Innenstadt. Es ist unwahrscheinlich, dass dieses Foto in der WAZ veröffentlicht wurde. DochdaMargaKingler eingutesVerhältnis zuFamilieFunkepflegte, dürfte sie es ihremChef bei Gelegenheitmit einemAugenzwinkern auf den Schreibtisch gelegt haben. Übrigens besaßMargaKingler die Tugend, ihre Fotos so zu archivieren, dass sie selbst heute noch mühelos zu findensind. ImOriginal nannte siedasMotivübrigens: „Wagen von Herrn Funke (falsch geparkt.), April 1954.“Wir fanden das witzig und haben es in die Überschrift aufgenommen. Von demMotiv gibt es imRuhrmuseummehrere Varianten. Ausgewählt habenwir das Foto, auf dem der Mercedes 170 S von Jakob Funke und das alte Parkverbotsschild amdeutlichsten zu erkennen ist. Diese Jubiläumsbeilagewäre ärmer, könntenwir nicht heute noch aus demschier unerschöpflichen Bilder-Schatz Kostbarkeiten heben. Die Fotos decken die Zeitspanne von mehr als 50 Jahren ab. Doch zurück zu unserem historischen Foto: Nicht überliefert ist, ob es für das verbotswidrige Parken ein Knöllchen gegeben hat. Wie auch immer, Marga Kingler, war es nicht entgangen, sie drückte auf den Auslöser und gab damit einer eigentlich unwichtigen Gegebenheit eine gewisse Unsterblichkeit Marga Kingler-Busshoff WAZ Anekdoten aus den Anfangsjahren Mittwoch, 19. April 2023 – Seite 70/71 GRATULIERT DER WAZ ZUM 75-JÄHRIGEN JUBILÄUM! Auch in Zukunft zwei starke Partner! M’GLADBACH | KREFELD | DÜSSELDORF | HEINSBERG | MOERS | LANGENFELD | KÖLN | NEUSS | RATINGEN | ERKELENZ | KEVELAER

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