Sonderbeilage | 75 Jahre WAZ

Andreas Böhme Ein Einkaufsbummel in der Innenstadt, das war früher für viele Menschen imRuhrgebiet der Höhepunkt der Woche. Heute aber sind Einkaufsstraßen mit Kaufhäusern und vielen Geschäften ein Auslaufmodell – und das hängt längst nicht nur mit dem Boom beim Online-Shopping und Corona zusammen. Die Pandemie habe nur eine Entwicklung beschleunigt, die bereits vor Jahren begonnen habe, sagen Stadtplaner und sind sich einig: „Die Innenstädte müssen sich verändern, wenn sie nicht veröden wollen.“ Nur wie? Das vielleicht größte Problem: Die Innenstadt ist, wie sie ist. Eine Einkaufslage, in der sichallesumsShoppendreht. Unddie inallen großen Städten ähnlich aussieht, mit den riesigen Filialen der immer gleichenKetten. Viel zu groß, als dass sie für inhabergeführte Geschäfte noch bezahlbar wären. Die bevorstehende Schließung vieler Galeria-Karstadt-Kaufhof-Häuser macht die Situation nicht einfacher. „Allein in Dortmund haben wir nach der Schließung erst einmal einen Klotz mit über 20.000 Quadratmetern da stehen“, weiß Thomas Schäfer, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW. „Da können sie nicht so einfach etwas anders reinpacken.“ Als Alternative zum Neubau: Experten raten zum Entkernen „Abreißen und neu bauen“ heißt es dann oft, vor allem,wennes sichumalte,wenigenergieeffiziente Gebäude handelt. Die Sache hat allerdings einen Haken, wie nicht nur Sandro Megerle, Trend-Analyst bei der Agentur Trend One,weiß. „Bei denNeubautenwirdmeistdie sogenannte graue Energie ausgeblendet, die in den Gebäuden steckt.“ Bei einemNeubau macht sie etwa 50 Prozent des Energieverbrauchs im Lebenszyklus des Hauses aus. „Entkernen ist die bessere Lösung“, sagt Megerle. Unddannmit „Fluent Spaces“ (Fließenden Räumen) neu aufbauen – mit Wänden etwa, die sich verschieben oder leicht aus- und wieder einbauen lassen, wenn sich das Nutzungskonzept ändert. Und verändernwird es sichkünftig öfter als bisher. „Die Zeit der Innenstädtemit Fußgängerzonen als reine Einkaufsstraßen ist vorbei“, sagt Paul Eisewicht, der an der TUDortmund zumThema Konsum forscht. „Die Frage ist, obInnenstädteweiter dieklassischeAbsatzfunktion haben sollen“, findet auch Megerle. Sollen sie nach übereinstimmender Einschätzung fast aller Stadtplaner nicht. Multifunktional sollen sie stattdessen sein. Ein Platz, andemman sich gerne aufhält. Andem man lebt und oft auch wohnt. Mit viel Grün und möglichst wenig Autos. Mit Volkshochschul-Filialen, Uni-Hörsälen, Seniorenzentrum und Kindergarten. Mit Spielplätzen und Kulturbühnen. Mit Kino, Kneipen, Bücherei und Bürgerzentrum. Mit Start-up-Unternehmern und Pop-up-Stores, aber auch mit dem alteingesessenen Handel und Handwerksbetrieben. Und mit kurzenWegen. „15-Minuten-Stadt“nennt sichetwadasaus Frankreich stammende Konzept, das Raum zum Wohnen und Arbeiten mit innovativen Einkaufsstrukturen und attraktiven Kultur- und Freizeitangeboten verbindet. Alle Strecken des Alltags – ob zumSupermarkt, in die Arztpraxis, zum Bahnhof, in eine Boutique, zumFriseur, zurUniversität oder zumArbeitsplatz – können dabei in weniger als 15 Minuten zu Fuß oder mit nachhaltigen Verkehrsmittelnwie demÖPNVoder demFahrrad zurückgelegt werden. „Ideen gibt es viele“, sagt Eisewicht. „Das Problem ist meist die Umsetzung.“ Vieles scheitert bereits andenEigentümern der Immobilien, die sichoft schwer damit tun, dass eine Kommune oder soziale Einrichtung nicht annähernd so viel Miete zahlen kann wie ein Warenhauskonzern. „Man muss ihnen klar machen, dass sie ihre Renditeerwartungen anpassen müssen“, sagt Eisewicht. UndMegerle ahnt: „Viele Immobilienwerden nicht mehr die Cashcows sein, die sie einmal waren.“ Dezentralisierung als Folge hoher Mietpreise Wo die Mietpreise nicht nachgeben, warnen viele Planer, könnte es zu einer Dezentralisierung kommen. Mit vielen kleinen Vierteln oderQuartierenund speziellenEinkaufsmöglichkeiten. Dort könnten inhabergeführte Leben „die Erlebniskarte ausspielen“, die viele Filialistennicht einmalmehr auf derHandhaben. „Einkaufen ist ein körperlich-emotionales Erlebnis.“ Das findet man oft in kleinen Geschäften, in denen man sich mit Namen kennt. Wo es gemütlich ist und wo auch verkauftwird, was es imNetznicht an jeder Ecke gibt. Damit verwandele sich ein Laden vom „Point of Sale zumPoint of Experience“, sagt Trendforscher Megerle. Also von einem Platz des Verkaufens zu einem Platz an dem man etwas riechen, greifen, fühlen oder selbst ausprobierenund erfahrenkann. Das kannebenso ein Whisky-Tasting sein, wie ein interaktives Regal, das erkennt, wenn ein Produkt entnommenwird und die relevanten Informationen gut leserlich auf einem integrierten Bildschirm darstellt. Oder auch ein „Personal Shopping“-Erlebnis, bei dem die Kundschaft den Laden für sich hat. Wenn eine Einkaufsstraße bisherigen Zuschnitts da mithalten möchte, sagt Eisewicht, müsse sie etwas ganz Besonderes bieten. „Etwas, das sonst niemand hat und das man unbedingtmal gesehenoder erlebt habenmuss.“ Museen, dieeinzigartig sind, Läden, diees nirgendwo anders gibt. „Das wird“, weiß der Experte für dieeineStadt einfacher als für dieandere.“ ANDREASBÖHME ist seit mittlerweile 35 Jahren immer auf der Suche nach interessanten Geschichten. Multifunktional soll die Innenstadt der Zukunft sein. André Hirtz / FFS Auslaufmodell Einkaufsstraße Innenstädte müssen sich verändern, so Handelsexperten. Doch die Neuerfindung ist nicht einfach Der Sonntag ist für die meisten ein arbeitsfreier Tag. Bleibt während der Woche nur Zeit für eine schnelle Übersicht über die wichtigsten Nachrichten, so bietet der Sonntag Zeit für eine ausführliche und „ausgeruhte“ Lektüre. Die 32-seitige Digitale Sonntagszeitung ist genau dafür gemacht. Sie bietet große Reportagen mit Geschichten über besondere Menschen und Themen aus Ihrer Region. Der obige Text zur Zukunft der Innenstädte etwa ist in der jüngsten Ausgabe erschienen. In dem E-Paper finden Sie zudemAnalysen über Ereignisse des Weltgeschehens. Gesundheit, Reise, Auto, Wohnen – aus all diesen Themenfeldern gibt es spannende und fundierte Berichte. Sie müssen auch in der Digitalen Sonntagszeitung nicht auf die neuesten Nachrichten verzichten. Auf vier Seiten finden Sie aktuelle Berichte, Hintergründe und Kommentare. Nicht zu vergessen: der siebenseitige Sportteil! Hier gibt es aktuelle Berichte über die Top-Sportereignisse des Samstags: alle Spiele der 1. und 2. Fußballbundesliga, Analysen, Kommentare. Dazu: das ausführliche TV-Programm am Sonntag sowie eine Rätselseite. Für die kleinen Leser gibt es „Deine Seite“ mit Geschichten, Rätseln, Tipps. So finden Sie in der Digitalen Sonntagszeitung alles, was es für einen gemütlichen und spannenden Lesesonntag braucht. Walter Bau Die Digitale WAZ am Sonntag Die Zeit der Innenstädte mit Fußgängerzonen als reine Einkaufsstraßen ist vorbei. Paul Eisewicht, Co-Leiter des Forschungsgebiets „Modernisierung als Handlungsproblem“ an der TU Dortmund FUNKE Mediengruppe Die Stadt von Morgen WWW.STRATMANNS.DE // 0201 8204060 27. APRIL 2023 Barbara Ruscher „Mutter ist die Bestie“ 05. MAI 2023 Jakob Schwerdtfeger „Ein Bild für die Götter“ 18. JUNI 2023 René Steinberg „Best of“ 19./20. MAI 2023 Kai Magnus Sting „Hömma, so isset“ HIGHLIGHTS 04. MAI 2023 Florian Wagner „Funk You“ 21.APR 2023 Hennes Bender „Wiedersehen macht Freude“ 1 GLAS GESCHENKT! Die Weltneuheit: Streichpralinen von Confiserie Ruth. * gültig bis 31.05.2023. Angebot der Ruth GmbH & Co. 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