Aber eins, das bleibt bestehen... Nichts bleibt für immer. Aber wir wagen die Prognose, dass es im Revier ein paar Konstanten gibt, die auch in 75 Jahren noch da sein werden Georg Howahl Essen. Ja, gibt’s dennüberhaupt nochwas, woraufman sich verlassenkann? InunserenKöpfen ist zwar einRuhrgebiet ohne Kohle denkbar, ohne Kohlenbergbau aber nicht. Nicht ohne Opel. Nicht ohne Taubenvätter. Manches, was uns als ewig erscheint, das gab’s noch gar nicht, als vor 75 Jahrendie ersteWAZerschien– zumBeispiel dieA 40.Wir wagen dennoch die Prognose, dass es ein paar feste Größen imRevier gibt, auf die man sich stützen kann. Und die auch in 75 Jahren noch bestehen. Schauen Sie selbst… Die Rivalität von BVB und Schalke Es gibt doch nichts Ergötzlicheres, als eine gut gepflegte Feindschaft. Und diese währt sogar noch ein kleines bisschen länger als 75 Jahre. Es war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, das Endspiel um die Westfalenmeisterschaft 1947 – und Schalke 04, als absoluter Favorit imRevierfußball und natürlich auch in dieser Partie, verlor durch ein spätesTor desBVB3:2. Unfassbar, erschütternd, unbegreiflich, die Schalke-Spieler waren so amBoden zerstört, dass sie der Siegerehrung fernblieben. Es war der Beginn einer wunderbaren Feindschaft. Die auch heute mit mannfaltigenSchmähgesängenunddenStädte-Kosenamen„Lüdenscheid-Nord“ und „Herne-West“ gepflegt wird. Mancher einer munkelt, dass die Abneigung der Fans beider RevierGrößen nicht immer ganz so konsequent zelebriert wird, wie sie besungen wird. Aber eines ist klar: Beide Vereine steuern alterstechnisch locker auf die 120 zu – in so einem gesegnetenAlter verändert man sich nicht mehr allzu sehr. Da darf manvermuten, dass sichauch in75 JahrenKönigsblau und Borussengelb noch nicht grün sind. Stau auf der A 40 Bald wird sie, zumindest in Duisburg, achtspurig sein – aber egal wie großspurig die Verkehrsplaner noch denken, keiner glaubt wirklich daran, dass die A40 jemals staufrei sein wird. Ganze Generationen haben wertvolle Lebensjahre im Berufsverkehr irgendwo zwischen Moers und Dortmund verplempert. Und wenn in 75 Jahren die Autos fliegen lernen, dann staut’s sich eben eine Etage höher. Zollverein Was Paris der Eiffelturm, das ist Essen sein…na klar, Zollverein. Was soll man da groß sagen: 135 Jahre lang wurde hier Kohle gefördert, 2001 wurde es zumWeltkulturerbe – und ist seitdem das Aushängeschild einer ganzen Region. Wir sagen für die nächsten 75 Jahre: Solange das Ruhrgebiet nicht untergeht, bleibt Zollverein bestehen. Die gute, alte Emscher Selten kann man ohne Widerspruch sagen: Das stinkt zumHimmel! Aber auf die alte Emscher traf’s halt zu, viel länger als nur 75 Jahre. Der Mief hängt bei vielen noch so tief in den Nasen, dass man sich kaum traut, sich die Neue vorzustellen: die grüne, die geruchsfreie Emscher. Seit 2022 ist sie abwasserfrei – und damit das Generationenprojekt an einem wichtigen Ziel angelangt. Nicht mehr lang, dannwirdmanentdecken, dass es sich lohnt, am Emscherufer Urlaub zu machen.WiewirddieEmscher also in75 Jahren für uns sein? Na, wahrscheinlich dufte! Pils Zuletzt machte eine Nachricht die Runde: Ein halber Liter Bier könnte bald 7,50 Euro kosten. Doch mehr als 100 Brauereien in NRWwissen das – und nicht wenige von ihnen liegen um die Ruhr herum. In den 1970er-Jahren wurden in Dortmund jährlich7,5MillionenHektoliter Bier gebraut, mehr als in den Phoenixsee passt – übrigens eine herrliche Vorstellung. Die Braumengen sind heute zwar geringer, der Durst an der Ruhr wird aber nie versiegen. Dazu sagen wir: Prost! Currywurst Egal wer sie erfunden hat, Berliner, Hamburger oder die Menschen von der Ruhr: Die Currywurst gehört zu den kulinarischen Fundamenten des Reviers. Dabei feiert sie auch erst im kommenden Jahr ihren 75. Geburtstag, zumindest ist sie ab 1949 zum Lieblingsimbiss vieler Menschen imRevier geworden, trotzDöner und Pizza. Schon allein, weil man trefflich streiten kann, wo es ist leckerste Wurst gibt, wo die pikanteste Soße und wo die Symbiose von beidem mit einem schnöden Curry-PaprikapulverGemisch am besten gelungen ist, werden die Menschen sie auch noch in Jahrzehnten heiß begehren. Die Trinkhalle HierneBude, daneBude, undes gibt fast nichts,was es an der Trinkhalle nicht gibt. Damit war das Ruhrgebiet dank der Bergleute-Versorgung der 24/7-Mentalität um mehr als 100 Jahre voraus. Trotz Konkurrenz durch Tankstellen: Trutzige Nahversorger mit kaltem Pils im Kühlschrank und ner bunten Tüte wird’s weiter geben. Der Gasometer Was für eine Alterskarriere: Gut 60 Jahre stand er als gigantische Blechdose kaumbeachtet amRhein-Herne-Kanal,mitwenigmehrgefüllt alsGas.Alsmanihndann1988 nichtmehr gebrauchenkonnte, fing’s eigentlicherst an, er wurde umgewidmet zu Europas höchster Ausstellungshalle (117,5Meter), in der manmal eben gigantischeModelle vom Riesenmammutbaum, einem Berggipfel oder vomMond verbauen konnte. Wenn dieMenschen in den nächsten Jahrennicht das Staunenoder dieEhrfurcht vor denWundern der Natur verlieren, wird der Gasometer in 75 Jahren wohl als „Louvre von Oberhausen“ in den Geschichtsbüchern stehen. Die Sprache vom Revier „Also ääährlich!“, „Boh, glaubse!“ und „Guten Tach! Auf Wiedersehen!“: Wer an den Ufern der Ruhr geborenwurde, kanndiesedrei Eröffnungssätze ratzfatz ihren Urhebern zuordnen. Doch ob’s nun Adolf Tegtmeier, Herbert Knebel oder Helge Schneider ist, so richtig eine Reviersprache spricht keiner von denen, weil’s ja keinen reinen Dialekt gibt, auch nicht vor 75 Jahren–und inBaukau spricht man anders als in Borbeck. Et is halt wie im richt’gen Leben: Der eine weiß, was ein Mottek ist, demanderen ist er auf’n dicken Zeh geplumpst. Hauptsachemanweiß, wo der Hammer hängt. Oder im Tegtmeierschen Sinne: Bleibense Mensch! Bilder: Getty images / FFS (6) / Firo / picture alliance / Adobe stock FUNKE Mediengruppe Das Ruhrgebiet Die Theater und Philharmonie Essen gratuliert zu 75 Jahren WAZ E INE STARKE PARTNERSCHAFT FÜR DIE KULTUR! www.theater-essen.de
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