Ihre digitale Zeitschrift im März

65 J eden Sonntag versammelte sich die ganze Familie auf unserem Hof – alle Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen und natürlich meine Großeltern. Das Highlight des Sonntags war für alle der Kuchen, meistens gebacken von meiner Oma. Der war auch immer ruckzuck weg, übrig blieb eigentlich nie ein Stück. Die Back- und Kochkünste meiner Oma Zita waren unübertrefflich, einige Zutaten wie die Eier oder Milch stammten natürlich vom eigenen Hof. Besonders lecker waren ihr Bienenstich und der Rhabarberkuchen, mit eigenenWalnüssen oder im Frühjahr mit dem Rhabarber der Nachbarin. Manchmal durfte man auch in der alten Bauernküche mithelfen. Wenn man das Rezept allerdings genauer erfragte, erhielt man nur Antworten wie „Da kommt halt ein Schäufele Mehl rein, a bissele Salz …“ Denn für meine Oma waren die Rezepte ein leichtes, da sie für Fotos: Shutterstock (4), Privat (1) Fruchtige Verlockung Belag für 2 Böden: 120 g Zucker, 2 EL Mehl, 1/8 l Rahm, 1–2 Eier, Zitronenaroma, 3 Büschel Rhabarber = 3 Pfund Der Rhabarber wird geschält, in 2 cm große Stücke geschnitten, mit kochend heißem Wasser überbrüht, dieses sogleich wieder abgeschüttet und der Rhabarber gut eingezuckert. Die Kuchenbleche mit Mürbeteig ausgelegt, mit Weckmehl bestreut und der Rhabarber darauf verteilt. Das Mehl wird mit dem Rahm verrührt, Zucker, Eigelb, Aroma und Eischnee untergemischt, auf dem Rhabarber verteilt und der Kuchen sofort gebacken. Das Originalrezept Über 70 Jahre alt ist die Rezeptesammlung von Zita König. In dem alten Kochbuch finden sich Tipps zur Zubereitung von Lebensmitteln und viele Rezepte zum Kochen und Backen – wie das für fruchtigen Rhabarberkuchen. ihr Leben gern jeden Mittag auf dem alten Holzherd für die ganze Familie kochte. Deswegen hatten die Gerichte auch immer einen ganz besonderen Geschmack, den man mit einem herkömmlichen Herd nicht erreicht. Meine Oma wirdmir wohl immer durch ihre fröhliche Art und ihr leckeres Essen in Erinnerung bleiben. Nach ihrem Tod war es für uns umso schöner, als meine Mama ihre teilweise handgeschriebenen Kochbücher übernehmen durfte. Einige Rezepte stammen noch aus den 1940er-Jahren; damals besuchte meine Oma als 17-jähriges Mädchen die Haushaltsschule. Mit immer mehr Jahren an Koch- und Backerfahrung wurden die Rezeptesamlungen auch bedeutend größer. Für meine Familie und mich sind sie heute wertvolle Schätze, obwohl kein nachgekochtes oder nachgebackenes Gericht jemals an die Künste meiner Oma heranreichen wird. Christina Rehm Der Boden des Klassikers besteht aus einem ganz einfachen Mürbeteig Zum Verfeinern noch gehobelte Mandeln auf den Kuchen streuen Zita König auf einer der Streuobstwiesen ihres Hofes

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