HA I Hamburg mit Kindern
E in schrecklicher Mord: Auf dem Tisch in der Ecke liegt ein Frauenkopf! Des- sen Locken fallen über den weißen Tel- lerrand, die Brille ist etwas verschoben. Dann fährt uns erst recht der Schreck in die Glieder: Der Kopf bewegt sich, er guckt uns an, nun spricht er auch noch. Gar grässlich sieht das aus, da taucht der Kopf plötzlich ab, und der Teller ist wie- der leer. Und das alles ganz ohne Blut. Denn der Kopf auf dem Tisch ist nur eine Illusion. Er wurde natürlich nieman- dem abgeschlagen, sondern gehört ei- ner älteren Frau, die wir kurz darauf im Ganzen erblicken und die mit ihren Be- gleitern immer noch über das Bild ihres eigenen Kopfes auf dem Tisch lacht. Auch der Tisch ist eine Illusion, denn er ist ein verspiegelter Kasten, in den man hinein- kriechen kann. Im Museum der Illusionen, das 2018 in Hamburg eröffnet wude, gibt es knapp 50 Exponate, die unser Gehirn und un- sere Wahrnehmung austricksen. Denn was unsere Augen sehen, nimmt unser Gehirn als Wirklichkeit wahr. Auch wenn es nur eine optische Täuschung ist. Dass sich diese erlebten Illusionen so her- vorragend fotografieren lassen, dürfte maßgeblich zu dem riesigen Erfolg des gut 370 Quadratmeter großen Museums beitragen. Für das perfekte Foto sind auf dem Boden sogar blaue Standortmarkie- rungen angebracht. Was in vielen Museen mit historischen Kunstwerken verboten ist, wird hier enorm wichtig: zu fotogra- fieren, was das Smartphone hergibt. Erfunden haben das Konzept der er- lebbaren Illusionen im Jahr 2015 die bei- den Kroaten Roko Živkovic und Tomislav Pamukovic. Ihr Prototyp kam in Zagreb Museum der Illusionen Geöffnet tgl. von 10–18 Uhr (Ausnahme: Karfreitag, 1. Weihnachtstag, Neujahr). Anschrift: Lilienstraße 14-16, Tel. 040/3070 7105, Internet: https://hamburg.museumderillusionen.de/ Eintritt: Erwachsene 13 Euro, Kinder (5-17 Jahre): 9 Euro, Senioren ab 65. Studierende/ Schüler/ Auszubildende, Schwerbehinderte 11 Euro Geburtstag feiern: Das Museum kann Zauberkünstler zur Verfügung stellen, um die Feier mit einer Reihe von Tricks und Anleitungen, wie didaktische Rätselspiele gelöst werden, zu bereichern. ImMuseum der Illusionen sind irritierende und faszinierende Dinge zu erleben. Wir haben uns dort mal umgesehen TEXT: KATJA DEUTSCH so gut an, dass sie seitdem auf der ganzen Welt ähnliche Häuser eröffnen. Oh, nein, Sascha ist in Sekun- denschnelle wahnsinnig gewach- sen! Und Fritz und Franz sind zu Zwergen geschrumpft! In dem offen- sichtlich rechteckigen Raum, in dem sich die drei 13-Jährigen befinden, scheinen unmittelbar geheimnisvolle Zauberkräf- te auf die Freunde zu wirken, denn Sa- scha kann sogar problemlos die Decke berühren. Wie ist er nur so riesengroß gewor- den? „Dieser Ames-Raum ist eine unserer Hauptattraktionen“, sagt Julia Raczkow- ska, Mitarbeiterin des Museums. Das Prinzip des Ames-Raums wurde von dem Augenarzt und Psychologen Adelbert Ames (1880–1955) entwickelt und unter anderem in den Filmen von „Der Herr der Ringe“ eingesetzt. „Die optische Täu- schung entsteht durch lauter ungleiche Wände – was man aber überhaupt nicht sieht.“ „Kommt mal hier rüber, das ist cool!“ Fritz ist schwer begeistert vom hypnoti- schen Weltall-Feeling einer etwas dröh- nenden, rotierenden Röhre, die man auf einer gleichmäßig nach rechts und links schaukelnden Brücke durchqueren soll. Mit dem ultravioletten Licht und der Sternenoptik wirkt diese Röhre sehr spooky, zudem weil Zähne, Augen und T-Shirts jetzt in gespenstischem Weiß leuchten. Viele Erwachsene schaffen dage- gen keine zwei Schritte in diesem Vor- tex-Tunnel, dann wird ihnen schwindelig und übel. Doch für Fritz und den achtjäh- rigen Younes, der extra noch einmal zu der groovigen Röhre zurückgekommen ist, ist der Tunnel das absolute Highlight des Museums. In einem anderen Raum mit schiefem Boden und schiefen Wän- den wird uns allen überraschend schnell schwindelig, und wir wanken wie Be- trunkene schnell wieder hinaus. Unser Gehirn kommt damit nicht klar, und das verwirrt uns die Sinne. Ich bin viele – oder aus drei Jungs mache 300: Im Infinity-Room sieht man seine 100 Klone und zaubert spielend eine riesige Menschenmenge zu dritt. Für das richtige Foto ist der vielfach verspiegelte Raum gefüllt mit bunten Luftballons. Wie man diese allerdings fo- tografieren soll, ohne auch 300-mal den Fotografen im Bild zu haben? Bestimmt gibt es einen Trick. Sascha und Franz sind schwer begeistert. Wie es aussieht, wenn man an der Zimmerdecke entlanglaufen kann, lässt sich dagegen erst auf dem umgedrehten Foto sehen. Im verkehrten Zimmer ist al- les kopfüber eingerichtet. Prompt kristal- lisieren sich die Instagram-Profis heraus: Sitzen ist und wirkt langweilig, auf dem Boden liegen wird später zum An-der-De- cke-Kleben, sich strecken und sportlich tun ergibt super Fotos. „Meine Hand hat ein Muster!“ Auch die anderen optischen Täu- schungen, die teilweise vielleicht aus dem Kunst-, Physik- oder Psychologieun- terricht bekannt sind, beeindrucken die Jungs sehr. Franz, Sascha und Fritz: „Das Museum ist toll, und wir würden es auf jeden Fall weiterempfehlen!“  Frau ohne Unterleib: Der Zauber-Klassiker wird hier durch den Blickwinkel neu interpretiert. Hamburg mit Kindern 13
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