HA I Hamburg mit Kindern
Hier wurde noch an Italien gesägt, gefeilt und geklebt: Insgesamt beschäftigt das Miniatur Wunderland weit mehr als 300 Mitarbeiter. Die Elbphilharmonie lässt sich auf Knopfdruck öffnen, sodass man in den detailgetreuen Konzertsaal schauen kann. Zumal schon damals dieses Hobby mehr und mehr aufs Abstellgleis geriet. Heute führt kaum noch ein Spielwarengeschäft Märklin und Co. im Sortiment. „Der Markt schrumpft“, sagt auch Gerrit Braun. „Die Kinder leben in einer virtuellen Welt, da ist eine Modelleisen- bahn viel zu langsam und teuer.“ Das hielt die Brüder aber nicht davon ab, einen Versuch zu wagen. Über das In- ternet schrieb Frederik nachts Tausen- de wildfremde Internetnutzer an und fragte sie, welche Tourismusziele sie in Hamburg besuchen wollten. Neben Alster, Michel, Reeperbahn schummelte Braun ein Biermuseum, ein Cyber-Space-Center und das Wunder- land unter. 3000 Antworten gingen ein; während die Männer durchaus Interes- se an einer Modelleisenbahn bekunde- ten, landete es bei den Frauen auf dem letzten Rang. Diese Marktforschung entmutigte die Brüder nicht, sondern war ihnen eine Lehre – sie mussten die Herzen der Frauen gewinnen. U nd das Vertrauen der Banken. Zwei Millionen D-Mark be- nötigten die Brüder für ihren Wahnsinnsplan, binnen we- niger Monate ein Wunderland zu schaf- fen. Sie hatten das Glück, mit ihrem Haspa-Kundenberater einen Banker zu finden, der an den zweiseitigen Busi- nessplan glaubte, auch gegen sämtliche Vorbehalte seines eigenen Filialleiters. Noch ein Eisenbahnfan half dem Vor- haben aufs Gleis: Stefan Behn, der da- malige Vorstand der HHLA. Er überließ den Discobesitzern zu einem fairen Preis alte Kaffeelagerflächen in der Speicherstadt. Nun fehlten nur noch geschickte Modellbauer. Die meldeten sich reich- lich nach einem Artikel im Hamburger Abendblatt über den verwegenen Plan. Rund 200 Menschen reichten Bewer- bungen ein. „Auf der Tanzfläche unse- rer Diskothek bastelten wir schließlich mit 40 Hamburgern erste Modelle“, erinnert sich Frederik Braun. „Von den ersten 20, die wir verpflichteten, waren zuvor 17 arbeitslos.“ In Bayern überre- dete er den professionellen Modellbau- er Gerhard Dauscher, Teil des Teams zu werden. Zunächst ohne Erfolg, weil dieser noch Aufträge über zwei Jah- re abzuarbeiten hatte. Doch dann er- lag der gelernte Werkzeugmacher den Die Köhlbrandbrücke wird gerade von Teilnehmern der Cyclassics befahren. Überredungskünsten der Brauns und dem eigenen Wunsch, etwas Einmaliges für Millionen zu bauen. Dauschers Be- dingung lautete: Das Team sollte ohne Modelleisenbahner auskommen, man wollte gemeinsam bei null beginnen und eine neue Welt erschaffen. Eine Welt, die eben nicht nur Märklin-Freaks fesselt, sondern Jung wie Alt, In- wie Ausländer, Männer wie Frauen. Entsprechend frühzeitig rückte das Geschehen abseits der Gleise in den Mittelpunkt. Einer der Höhepunkte des ersten Bauabschnitts war die Feuerwehr des Modellorts Knuffingen, die regel- mäßig Brände etwa im Schloss Löwen- stein zu löschen hatte. Der besondere Clou: Die Feuerwehr rückt im 15-Mi- nuten-Takt zur Brandbekämpfung aus, insgesamt fahren Hunderte Autos über die Straßen der Modelleisenbahn. Eine so komplizierte Technik hatte es vorher nicht gegeben, sie wurde in Hamburg entwickelt. Bis Sommer 2001 hatten die Bastler schon 2500 Entwicklerstun- den in die Technik investiert, doch erst in der Nacht vor der Eröffnung liefen die Modellautos erstmals reibungslos. Heute steuern Computer jedes einzel- ne Fahrzeug, bremsen an den Ampeln, fädeln auf der Autobahn ein, steuern durch die Stoßzeiten. Seit der Eröffnung von Italien und Venedig bauen die Wunderländer an der Provence und an Monaco – inklu- sive eines Miniatur-Formel-1-Rennens. mit Überholmanövern. Auf der ande- ren Seite des Fleets sollen 3000 weitere Quadratmeter ans Wunderland ange- schlossen werden – dort entsteht unter anderem Südamerika mit Amazonas, Anden, Rio und Antarktis. Preise & Zeiten Erwachsene zahlen 20 Euro, Kinder (bis 15 J.) 12,50 Euro, Schüler/Azubis 16 Euro, Senioren (ab 65 J.) 18 Euro. Zeiten: Geöffnet ist meistens von 8 bis 23 Uhr, manchmal auch länger. UmWartezeiten zu vermeiden, wird empfohlen, Tickets vorab zu buchen. Solange es noch es eine Corona-Pandemie gibt, gilt die Regel: Einlass nur für Getestete, Geimpfte oder Genesene. Adresse: Kehrwieder 2/Block D, 20457 Hamburg, Tel. 040/300 68 00, www.miniatur-wunderland.de 8
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