WAZ I Aus dem Nähkaestchen
FUNKE MEDIEN NRW Von Maren Schürmann (Text) und Ingo Otto (Fotos) Bochum. Im letzten Sommer sind wir mit unserer Serie „Aus dem Nähkästchen“ an den Start gegan- gen – mit einem Artikel über Susa Flor. Damals haben wir uns mit der Bochumerin über ihre neueModeli- nie unterhalten, über ökologische Stoffe, ausgefallene Schnitte, Rö- cke, Hosen, Blusen. Niemals hätten wir gedacht, dass wir wenigeMona- te später über diese Näharbeit spre- chen würden: Mundschutzmasken. Susa Flors neue Kollektion liegt wie vieles zurzeit auf Eis: „Wir ha- ben unser Fotoshooting abgesagt, unsere Modenschauen.“ Ausge- bremst fühlt sich die 53-Jährige. Und dann kommt die Langeweile – und mit ihr eine neue kreative Idee. Sie erinnert sich daran, dass sie noch dicke Stoffballen übrig hat, einenVliesstoff, den sie für kaumet- was gebrauchen kann. Aber der Stoff ist „hautfreundlich und at- mungsaktiv“, zudem fest und zu- gleich weich, dass er perfekt ist, für das, was gerade sehr nachgefragt wird… Nein, nicht Klopapier, son- dern Mund-Nasen-Masken. In einem Atelier in Hattingen auf dem Gelände der ehemaligen Hen- richshütte, in dem sie sonst allein- erziehende Mütter im Auftrag des Vereins „HAZ Arbeit und Zukunft“ für den Arbeitsmarkt fit macht, sitzt sie nun am späten Nachmittag an der Nähmaschine und arbeitet wie am Fließband. Monoton ist diese Aufgabe im Vergleich zu ihrer sonst so kreativen Arbeit. Aber sie sagt: „Es macht mir Spaß.“ Hände und Kopf haben etwas zu tun. Ihre HAZ-Kollegin Ulrike Heinrich hilft ihr beim Zuschnei- den der Stoffe. Neben dem dunklen Vlies verwendet sie noch ein helles Baumwoll-Viskose-Gemisch. Nicht vergleichbar mit den schönen Stof- fen, die Susa Flor sonst verarbeitet. Aber jetzt kommt es aufs Praktische an. An der oberen Kante hat sie ein Gummiband ein- genäht, mit demsie dieMaske leicht von der Nase herunterziehen kann. Das sei besser, als wenn der Mund- Nasen-Schutz oben und unten nur mit einem Band gehalten werde. Rund 200 Masken hat sie bisher genäht. Die Hälfte hat sie dem Em- my-Kruppke-Seniorenzentrum in Hattingen gespendet, den anderen Teil verkauft sie für je sieben Euro über zwei Bochumer Läden, die auch in diesen Tagen öffnen dürfen: Augenoptiker „Frau Feller“ und Drogeriemarkt „Die Kulturtasche“. „Wir machen das ehrenamtlich“, sagt Susa Flor. Denn sie wollen das eingenommene Geld spenden. Susa Flor wäscht ihre Maske bei hohen Temperaturen oder sie legt sie bei bis zu 100 Grad Celsius in den Backofen. Das hat auch der Vi- rologe Christian Drosten empfoh- len, selbst gemachte Stoff-Masken bei mindestens 60Grad zuwaschen oder bei 70 Grad in den Ofen zu schieben, das sei der Tod der Viren. Aber wie hilfreich ist dieseMaske überhaupt? „Sie gibt keinen hun- dertprozentigenSchutz“, betont Su- sa Flor. Sie sei nichtmit einer profes- sionellen Atemschutzmaske zu ver- gleichen, die von Ärzten gebraucht werde. Man würde sich damit aber nicht mehr so häufig insGesicht fas- sen. „Und wenn du mit der Maske im Supermarkt bist, gehen die Leute automatisch auf Ab- stand.“ Außerdem: „Wenn jemand beim Einkaufen niest, be- kommst du nicht so viel ab“, ist Susa Flors Hoffnung. Drosten hat kürzlich in einem NDR-Podcast das Tragen von selbst gemachten Masken befürwortet. Ein Schal, der eng anliegt, ginge auch. Wobei man mit den Masken weniger sich selbst, sondern viel- mehr andere schütze, wenn man er- krankt ist. Es sei einZeichen der So- lidarität, dass man andere nicht an- stecken möchte. Das Robert-Koch- Institut stuft dies ähnlich ein. Eine Maske sei kein Grund, den empfoh- lenen Abstand von rund zwei Me- tern zu reduzieren. Auch das Hän- dewaschen und die Husten- und Niesregeln seien weiterhin wichtig. In Südkorea ist das Tragen einer Maske schon viel selbstverständli- cher, wie Susa Flor in einer Fernseh- doku gesehenhat. Da gebeman sich mittlerweile Tipps: „Wie schminke ich mich mit Maske?“ „Die Leute gehen auf Abstand.“ Susa Flor über die Wirkung eines Mundschutzes im Supermarkt SERIE Heute: Susa Flor Rund 200 Masken hat Susa Flor bereits genäht. Die Designerin kreiert eigentlich ausgefallene Öko-Mode. Ideen für die selbst genähte Maske Anleitung von der Feuerwehr Pünktchen, Sternchen, Fördertür- me – viele Leute, die zum Zeitver- treib nähen, schneidern nun „Be- helf-Mund-Nase--Masken“ in allen erdenklichen Mustern. Es gibt im Internet Anleitungen, wie man sie herstellt. Etwa von der Stadt Essen (essen.de ), die das Tragen solcher Masken Menschen empfiehlt, die andere pflegen. 15.000 Stück hat die Feuerwehr bei mehreren Orga- nisationen bestellt. Auch die Wäscherei im Essener Uni-Klinikum näht zurzeit ähnliche Masken für den Notfall. Das Franz-Sa- les-Haus, eine katholische Einrichtung der Behinder- tenhilfe, fertigt sie für den eigenen Pflegebereich. Auch die Stadt Oberhausen rät nun Menschen, die den Abstand von etwa zwei Metern nicht einhalten können, zu solchen Masken. Dabei wird auf die Seite maskeauf.de verwiesen – dort gibt es neben Nähanleitungen die Emp- fehlung, feuchte Masken sofort gegen trockene zu wechseln. Die Idee der Macher: Wenn alle eine Maske tragen, die anMund undNa- se eng anliegt, kann sich das Virus nicht so schnell verbreiten. Daher die Aufforderung: „Maske auf!“ Auch viele Hobby-Näherinnen ferti- gen hübsche Masken. FOTO: PRIVAT Masken statt Mode In der Corona-Krise näht die Bochumer Designerin Susa Flor nicht mehr Röcke und Blusen aus ökologischen Stoffen, sondern Mund-Nasen-Schutz Masken mit Sternchen entstehen etwa im Stoff- und Gardi- nenhaus in Essen. FOTO: VLADIMIR WEGENER / FUNKE FOTO SERVICES Anzeige WREG3_G MEIN SONNTAG Sonntag, 29. März 2020 Zeit, Danke zu sagen! Unser Dank gilt all denen, die weitermachen. Allen Beschäftigten der Wirtschaftsbetriebe Duisburg, die für die Sauberkeit und Hygiene in den Ortsteilen sorgen, die die Abfallentsorgung sicherstellen oder unsere Infrastruktur, wie zum Beispiel die Kläranlagen, erhalten. Unser Dank geht auch an alle die, die nicht klagen, sondern machen. Verkaufs- und Ordnungskräfte ebenso wie Paketzusteller und Logistiker, natürlich die Beschäftigten in medizinischen und pflegerischen Berufen und die vielen Unerwähnten, die die Stadt aufrechterhalten. Ohne Sie würde es nicht gehen. Danke, dass Sie Duisburg am Laufen halten! Seite 41
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjExNDA4