WR I Aus dem Nähkaestchen
FUNKE MEDIEN NRW Nina Arndt trägt selbst gerne ganz weite Hängerchen, mit tiefem Ausschnitt: vorne, hinten, unter den Armen. Darunter: ein Sport-BH. „Der darf durchgucken“, so die 36- Jährige. „Das ist nicht zu nackt, aber trotzdem noch sexy.“ Und einen weiteren Vorteil nennt sie, falls es etwas zu verstecken gilt: „Das schmeichelt.“ MEIN STYLINGTIPP Von Maren Schürmann (Text) und Ingo Otto (Foto) Gladbeck. Nina Arndt trägt Muschel-Kette um den Hals. Sie hat den Sommer mit nach Gladbeck gebracht, von ihrer siebenwöchi- genTour.Was für andereUrlaub ist, bedeutet für sie Arbeit. Allerdings Arbeit, wie die 36- Jährige sie sich erträumt hat: Yoga-Unter- richt am Strand. Den gibt sie bei Wassersport-Events an Nord- und Ostsee – Multivan Windsurf Cup oder Multivan Kitesurf Masters – in Sport- Klamotten ihres eigenen Labels „Instinct“. Dabei war es vor wenigen Jahren noch gar nicht abzusehen, dass ihr Leben mal solch einenTurnnehmenwürde. Damals arbeitete sie in der Unternehmenskommunikation eines Energieversorgers, sie hatte Firmenwa- gen und -handy. „Irgendwann denkst du, du kannst nicht mehr ohne.“ Doch, sie kann. „Nichts Pseudoesoterisches“ Yoga ist heute ihr Leben. „Ich habe bei Mi- cha gelernt“. Micha ist ihr Mann. Ein Arzt empfahl Michael Klumpp, doch nicht nur auf Kraftsport zu setzen. Bei Stress ist auch Entspannung gut. So kam er zumYoga. Sei- ne Frau dachte anfangs: „Yoga ist nichts für mich. Ich bin eher so ein Muskeltyp.“ Aber Yoga ist eben nicht gleich Yoga. Ihren Stil imgemeinsamen Studio „Black Label Yoga“ bezeichnet sie nun als „ganz pur, nichts Pseudoesoterisches.“ Sie will die Leute nicht mit „Wahnsinnsdehnungen“ überfordern, wenn sie sonst nur am Schreib- tisch sitzen. Von Strenge hält sie nichts. „Das haben die Leute schon im Job.“ Dann brannte eine Textilfirma in Bangla- desh ab, in der über 100Menschen starben – und das Umdenken begann auch bei der Kleidung. „Wir haben geguckt, ob wir das nicht besser machen können“, sagt die Mut- ter eines siebenjährigen Jungen. Aber wo sollten sie produzieren? „Keine Kindernä- herin-Ausbeutung – das wollten wir auf kei- nen Fall!“ Made in Germandy – das war ihr Wunsch. In Ostdeutschland bei Chemnitz fanden sie eine Näherei. In der früheren Tex- tilregion hatten sich Frauen nach derWende selbstständig gemacht. Fair gehe es da zu, Mindestlohnund geregelteArbeitszeiten sei- en selbstverständlich. Nina Arndt und ihr Mann haben sich selbst davon überzeugt. „Da waren wir mehrfach.“ Den Schriftzug ihres Labels „Instinct“ be- kamen die Shirts in einer Bio-Druckerei in Berlin. Da werde das Abwasser geklärt, da gebe es Arbeitssicherheit. Vorschriften, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, so Nina Arndt. Die GOTS zertifizierten Stoffe beziehen sie aus Griechenland. „Baumwolle wächst hier halt nicht, noch nicht“, spielt Ni- na Arndt auf den Klimawandel an. Nachhal- tigkeit ist ihr wichtig. „Nachhaltigkeit, die cool ist und nicht Verzicht bedeutet.“ „Auch Baumwolle ist atmungsaktiv“ Damit überzeugte sie auch 2017 eine Jury: Instinct wurde mit dem GreenTec Award ausgezeichnet – einem europäischen Nach- haltigkeitspreis. Nicht im Fashion-, sondern im Sportbereich. Mittlerweile setzen Sport- firmen auf recycelten Meeresmüll. „Das war damals noch so teuer.“ Außerdem entsteht beim Waschen der Kunstfasern durch den Abrieb in der Maschine Mikroplastik – das wieder imMeer landet. Instinct setzt auf Bio- Baumwolle. „Baumwolle ist von der Struk- tur her schon atmungsaktiv, sie leitet Feuch- tigkeit ab.“ Und: „Man nimmt dabei nicht so viel Schwachsinn über die Haut auf, gerade beim Sport, wenn man schwitzt.“ Ein kleiner Teil Kunstfaser ist trotzdembei manchem Kleidungsstück dabei. „Ganz oh- ne geht es nicht“, sagt Nina Arndt. „Damit es die Bewegung mitmacht.“ Sportklamotten sollten schließlichmehr bieten als gutes Aus- sehen. Beispiel Leggings (69 €). Die muss blickdicht sein. Wenn sich Frauen mit zu dünnen Hosen im Studio dehnen – „dann siehst du alles.“ Die Instinct-Leggings ist zu- dem höher als üblich geschnitten, die Shirts sind dafür länger. „Da kannst du machen, was dumöchtest, undmusst nicht ständig an deiner Kleidung rumzuppeln.“ Die Schnitte hat sie zusammen mit einer Fachfrau umgesetzt – und immer wieder selbst überprüft: Sind die Nähte flach ge- nug? Sind sie elastisch? Und gleichgültig, wie sehr man sich selbst verbiegt: Das Shirt darf seine Form nicht verlieren. Nachhaltig- keit bedeutet eben auch Langlebigkeit: „Nicht, dass du nach einem Jahr denkst, das ist ausgeleiert.“ Beim Mode-Zirkus mit den pro Quartal wechselnden Kollektionen wollen sie nicht mitmachen. „Da ist ja im September schon etwas oll, was du imMai gekauft hast.“ Also lieber Basics wie Shirts, Tank- und Beach- tops (29 - 39 €). Erst im nächsten Jahr soll es etwas Neues geben. „Die Stoffe bleiben, von denen sind wir überzeugt.“ Aber es soll et- was sein, das auch zu ihrem Studio passt. Es wird also eine „Black Label Yoga“-Linie. „Das ist Günther“, stellt Nina Arndt einen unverzichtbaren „Freund“ vor, der den flau- schigen Instinct-Hoodie (99 €) trägt und Shirt und Leggings. „Sonst wäre er nackt“, sagt Nina Arndt lachend. Bis auf die Knochen. Denn Günther ist ein Skelett für die Schulung. „Wir bilden seit drei JahrenYo- galehrer aus.“Da sei Günther unverzichtbar. Denn: „Wir schauen nicht nach Chakren, sondern nach echter Anatomie.“ Die Sportbekleidung gibt es nur im Studio, Dorstener Str. 14, Gladbeck (black-label.de ) oder online: instinct-sportswear.de „Die Hose ist seit fünf Jahren im Gebrauch –undnoch immer geil“, sagt NinaArndt. Zu Beginn ihrer Selbstständigkeit hat sie sich die türkisfarbene Hose gekauft. „Sie ist zwar nicht bio, aber sie hält. Das ist auch eine Form von Nachhaltigkeit.“ Wie bei ihrem Sport-Label gefällt ihr auch bei diesem Look, dass sie ihn nicht nur im Studio tragen kann. Ihr Sohn muss danach von der Schule abgeholt werden? Sie braucht noch schnell ein Brot vom Bäcker? Dafür kann sie in dieser sportlichen, aber eben nicht zu sportlichen Hose losdüsen. „Ich will mich nicht zehnmal am Tag umziehen.“ MEIN LIEBLINGSTEIL Ausgezeichnet: Nina Arndt und Michael Klumpp bei den GreenTec Awards 2017. FOTO:C.WOJTYCZKA Heute: Instinct in Gladbeck Sportbekleidung sollte nicht nur schön aussehen, sie muss auch lan- ge Zeit jede Dehnung mitmachen, ohne einzuengen oder auszuleiern. Für Yogalehrerin Nina Arndt ist das auch eine Form von Nachhaltigkeit. Made in Germany: Die Kleidung schneidern Frauen in einer Näherei bei Chemnitz. FOTO: CHRISTOPHWOJTYCZKA „Das ist Günther“, stellt Nina Arndt das freundliche Schul-Skelett vor. Enorm in Form Yogalehrerin Nina Arndt hat mit ihrem Mann Michael Klumpp das Label „Instinct“ geschaffen: Sportklamotten, großteils aus Bio-Baumwolle. Dafür wurden sie ausgezeichnet – mit einem Preis für Nachhaltigkeit SERIE am Sonntag WREG3_G MEIN SONNTAG Sonntag, 15. September 2019 Seite 15
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