WR I Aus dem Nähkaestchen
FUNKE MEDIEN NRW Bärenstark und druckfrisch Norman Bärenbrinker zeichnet Motive für Shirts und bedruckt sie selbst. Mit Fuchs und Hase unterstützt er auch den Naturschutz Foto: Ingo Otto / FUNKE Foto Ser- vices Norman Bärenbrinkers Siebdruckkarussell ist praktisch für mehrfarbige Drucke: die dunkle Grubenlampe (l.) und die hellen Lichtstrahlen (r.). Von „Hafendieb“ stammt Norman Bärenbrinkers aktuelles Lieblings- teil: ein Hemd . Das Label habe ge- nauso wie er mit dem Bedrucken von T-Shirts angefangen. Nun ma- chen die Hamburger auch Hem- den. Bärenbrinkers Lieblingsteil ist gerade geschnitten und hat einen Stehkragen – ver- steckt hinterm Bart. Weiße und schwarze Bio-Baum- wolle wurden verwebt, so dass das Hemd grau schimmert. „Es wurde san- forisiert.“ Also mechanisch so behandelt, dass die Baumwolle beim Waschen nicht einlaufen kann. Bü- geln brauche er das Hemd auch nicht. Und er könne es gut kombinieren: mit Sakko, Weste oder Hosenträgern. „Es ist lässig und ultrabequem.“ Mein Lieblingsteil Von Maren Schürmann (Text) und Ingo Otto (Fotos) Essen. „Der Bär ist eigentlich kein Bär, sondern mein alter Hund“, sagt Norman Bärenbrinker. Die Ohren hat er verkürzt, den Kopf dicker ge- zeichnet, das Fell länger – und so wurde aus der Mischlingshündin „Labrador-Dogge-Boxer“ schließ- lich „Bruder Bär“. „Der Bär ist das mit Abstand bestgehende Motiv.“ Der Mann, der den Bär imNamen trägt, ist eigentlich Bauzeichner und studierter Bauingenieur. Aber glück- lichwar er nichtmit dem Beruf. Er arbeitete in einem Graffitishop, mach- te sich als Medien- gestalter selbststän- dig, aber auch das war nicht seine Er- füllung. Bis ein Freund ihn an einen Jugendtraum erinnerte: „Wir wollten doch schon als Teenager eigene T-Shirts machen.“ Sie kauften sich ein Siebdruckka- russell und starteten: „Das war nicht leicht. Wir haben ein halbes Jahr nur Omas alte Bettlaken bedruckt.“ Die ersten Jutebeutel mit Hase, Fuchs und Eichhörnchen verkauften sie auf Märkten. Aber dann wurde der Freund Papa von Zwillingen und hatte keine Zeit mehr für das ge- meinsame Hobby. Doch die Motive kamen so gut an, dass Bärenbrinker daraus seinen Beruf machte. Zu- nächst absolvierte er neun Monate lang ein Praktikum bei einer Sieb- druckerei in Münster. Weil er nicht jeden Tag von Essen zur Arbeit fah- ren wollte, stellte er dort ein Feldbett auf. „Ich habe mich in der Zeit viel von Pizza ernährt“, erinnert sich der 39-Jährige schmunzelnd. „Aber da- nach konnte ich drucken!“ Vor einem Jahr hat er das Geschäft an der Gemarkenstraße in Essen- Holsterhausen eröffnet. Ganz be- wusst hat er sich das Viertel ausge- sucht, in dem man ihn freundlich aufgenommen habe, obwohl es zum Bummeln nicht so angesagt ist wie et- wa Rüttenscheid. Leider seien die Mieten noch ver- gleichsweise hoch. „Da sollte man sich nicht über die Leer- stände wundern.“ Essen liegt ihm am Herzen. Acht Jahre lang habe er der Liebe wegen zwischen Haupt- und Ruhrstadt gependelt. „Berlin hat mir überhaupt nicht gefallen, in Essen bin ich zur Ruhe gekommen.“ „Kommabei“ heißt sein Label – wie kam es dazu? „Ein bisschen Bier, ein bisschen Rotwein“, sagt der Mann mit Nasenring und langem Bart grinsend. Und dann haben er und ein Kumpel etwas von Hennes Bender gehört. Der Bochumer Ko- miker sagte nebenbei „komma bei“ – und da wusste Bärenbrinker: „Datt isses.“ Und hier kommt direkt noch eine Liebeserklärung an die Heimat: „Dsche Täm!“ ist auf einem grauen Sweatshirt in einer Sprechblase zu lesen. „Mein Französisch-Ruhrpott- Gemisch.“ Eine Grubenlampe ziert ein anderes Shirt. Ansonsten über- treibt er es aber auch nicht mit der Heimatfolklore. Schließlich liegt ihm nicht nur der Pott am Herzen. Als nächstes: die Fledermaus Für einen Laufclub, die Pace Pack Runners aus Hagen, hat er T-Shirts gedruckt, mit denen die Sportler auf eine Organisation aufmerksam ma- chen, die sich um die Männerge- sundheit kümmert: Movember. 10 Euro pro Shirt (25 €) werden ge- spendet. Damit noch nicht genug: Vom Umsatz der Tier-Shirts (29,90 €, Kinder: 24,90 €), Pullis (49,90 €, mit Kapuze: 79,90 €) und Sweatkleider (59, €, mit Kapuze: 69,90 €) gehen zehn Prozent an den Nabu. Die Naturschutz-Organisa- tion wünscht sich als nächstes Shirt- Tier: die schützenswerte Fleder- maus. Den Fuchs hat Bärenbrinker kürzlich über- arbeitet. Das Ge- sicht ist jetzt fei- ner gezeichnet. Nun geht es Meis- ter Lampe an die Löffel. Wer das Hasen-Motiv wünscht, muss al- so etwas warten. Auch der Nager wird wieder Shirts aus 100 Prozent Bio-Baumwolle schmücken, so Bärenbrinker. Bis- her bezieht er die Öko-Shirts für Damen, Herren und Kinder von einem GOTS zertifizierten Groß- händler. Künftig möchte er eigene Schnitte in Auftrag geben. Öko und fair – das ist für ihn nicht nur ein Lippenbekenntnis, weil die Textilbranche etwa we- gen Kinderarbeit und Umwelt- sünden kritisiert wird. „Es ist nicht mehr eine Frage der Moral oder Ethik, es geht nicht anders. Der Klimawandel ist da.“ Selbst die Shirts, bei denen er mit dem Druck nicht zufrieden ist, werden nicht entsorgt. Er arbeitet mit einemUpcyclingun- ternehmen zusammen, das da- raus Täschchen näht. „Das wird großartig angenommen.“ Bärenbrinker achtet auch auf die Farbe, die nicht nur zur Freude der Umweltbehörde frei von Formaldehyd sei. Auch müsse unter der Farbe kein Tier leiden, das sonst schon mal seinen Kopf für Tests herhalten muss, ob ein Blau oder Rot auch kei- ne Pusteln oder Schlimmeres auf der Haut hinter- lassen. Das Siebdruck- karussell steht für die Kunden gut sichtbar imLaden. Heute hat Bären- brinker denDreh raus: Zunächst be- schichtet er ein Sieb aus Nylongewe- be imHolzrahmenmit einer UV-sen- siblen Emulsion. Dann druckt er das Motiv in Schwarz auf durchsichtige Folie. Diesen Siebdruckfilm legt er spiegelverkehrt auf das beschichtete Sieb und belichtet es mit einer sehr starken UV-Lampe – die Emulsion härtet aus. „Überall, wo das UV- Licht nicht hingekommen ist, lässt sich das Motiv auswa- schen.“ Und schon hat er ein Sieb, das er im Karus- sell einspannen kann. Da- runter zieht er ein T-Shirt auf eine Holzplatte, klappt den Rahmen runter und streicht mit Hilfe eines Ra- kels die Farbe über das Sieb, dessen Poren nur an den Motiv-Stellen freigelegt sind. So erscheinen die Gru- benlampe oder der Fuchs auf dem Shirt. Nach dem Trocknen fixiert er es noch mit Hitze – fertig ist ein ein- farbiges Motiv. Wer mehr in die Siebdruck-Tiefe gehen will: Bärenbrinker bietet da- zu auch Workshops an. Er macht zudem Auftrags- arbeiten für Firmen undVerei- ne, die immer öfter ökologisch korrekte Shirts tragen möch- ten, so Bärenbrinker. Außer- dem bedruckt er Sachen, die den Leuten etwas langweilig geworden sind. Der Mode- macher zeigt einen blauen Ka- puzenpulli, den eine Frau mit- gebracht hat. Mit Bärenbrinkers Eichhörnchen auf dem Rücken wirkt er wie ein neues Kleidungs- stück. Kommabei, Gemarkenstraße 102, Es- sen, 0201 – 84389755, Mo. – Fr.: 10.30 – 19 Uhr, Sa.: 10:30 – 15 Uhr. Termine für Siebdruck-Workshops bzw. Anfra- gen für Gruppen und Onlineshop unter: kommabei.de „Wir haben ein halbes Jahr nur Omas alte Bettla- ken bedruckt.“ Norman Bärenbrinker (39) hat sich das Siebdruckverfahren zunächst selbst beigebracht Serie Heute: Kommabei in Essen „Ich trage meine eigenen Klamot- ten, bis sie auseinanderfallen“, sagt Norman Bärenbrinker, dessen Kleiderschrank überschaubar ist. Er besitzt zum Beispiel noch ein Ska- teboardshirt von 1989. Aber das sei nur möglich, wenn die Kleidung auch alles mitmache. Daher sein Tipp: „Qualitativ hochwertige Sachen kaufen.“ Nur ein paar, die einem richtig gefallen, die man gut mitei- nander kombinieren kann und mit denen man nicht verkleidet aus- sieht – „wie die grauen Herren bei Momo.“ Falls trotzdem eine Naht aufgehen sollte, muss auch das nicht das Ende bedeuten: „Ich ha- be eine Jeanshose, da ist noch ein Flicken von meiner Oma drauf.“ Mein Stylingtipp Lässig und ult- rabequem: Nor- man Bärenbrin- kers liebstes Hemd. „Dsche Täm!“ – So ge- steht man seine Liebe auf Französisch-Ruhrpot- tisch. Der Mann, der den Bär im Namen und auf dem Pulli trägt: Norman Bä- renbrinker und das be- liebte Motiv, das eigentlich mal ein Hund war. Schlau wie Reinecke Fuchs: Medizinstuden- tin Dani Miteva (22) jobt bei „Kommabei“ und schlüpft gerne in einen der Pullis. Seite 23
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