WP | Dossier | Akte NRW - Wahre Verbrechen
23 Von Andreas Böhme Bahnhofsviertel. Das klingt nach Rotlicht, nach Spiel- hallen und Kaschemmen. Für die Mülheimer Straße in Duisburg gilt das nicht. Jedenfalls nicht in Höhe des Klöcknerhauses, das längst „Silberpalais“ heißt. Unter- nehmensberatungen haben hier ihren Sitz, Notare und Ärzte. Die Fassaden sind gepflegt, die Bürgersteige sau- ber. „Eine ruhige Gegend“, sagt ein Anwohner. Bis zur Nacht vom 14. auf den 15. August 2007. Es ist ein Dienstagabend in der Pizzeria „Da Bruno“. Ge- schlossene Gesellschaft, kleiner Kreis. Mit den Brüdern Marco (19) und Francesco P. (21) aus Duisburg, Sebastia- no S. (38), Francesco G. (16) und dem 25-jährigen Marco M. feiert Azubi Tommaso-Francesco V. in seinen 18. Ge- burtstag hinein. Es wird spät. Erst gegen 2.10 Uhr schlie- ßen die sechs Männer das Lokal von außen zu. 20 Mi- nuten später sind sie tot, liegen blutüberströmt und von Kugeln durchsiebt in zwei Autos, deren Motoren noch laufen. „Hier standen die Autos“, sagt Heinz Sprenger der ehe- malige Leiter der Mordkommission „Mülheimer Stra- ße“, als er zehn Jahre später wieder an derselben steht. Das „Da Bruno“ gibt es schon damals längst nicht mehr. Auch der einstige Chefermittler Sprenger („Der wahre Schimanski“, so der Titel seines Buchs über die Arbeit als Ermittler) lebt heute nicht mehr. Er starb im April 2019 nach einem Herzinfarkt beim Radfahren auf Mallorca. Natürlich hätten seine Leute damals alles angesehen, was die Geräte aufgezeichnet haben in der Tatnacht von Duisburg und den Tagen zuvor, erinnerte sich Sprenger später: „Terrabyte an Daten.“ Lichtblitze sehen die Er- mittler, auch zwei Männer von hinten, die in Kapuzen- Shirts flüchten. Und Schemen eines Autos. SECHS TOTE VOR EINER PIZZERIA, KLAR DENKT MAN DA SOFORT AN DIE MAFIA. Heinz Sprenger, ehemaliger Leiter der Mordkommission „Mülheimer Straße“.
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