WP | Dossier | Akte NRW - Wahre Verbrechen

27 AKTE NRW WAHRE VERBRECHEN Von Stephanie Heske Als er das erste Mal mordet, ist er selbst fast noch ein Kind: Jürgen Bartsch aus Langenberg, der in den 60er-Jahren als "Kirmesmörder" traurige Berühmtheit erlangte. Seine Morde erschütterten damals nicht nur Velbert und die Region, son- dern die gesamte Bundesrepublik - und der Fall veränderte die Strafjustiz. Zwischen 1962 und 1966 lockt der Metzgerlehrling Bartsch vier Jungen im Alter von acht bis 13 Jahren in einen ehe- maligen Luftschutzbunker im Stadtteil Bonsfeld. Bei seiner ersten Tat, am 31. März 1962, ist Bartsch 15 Jahre alt. Sein Opfer: ein achtjähriger Junge. Ihn und seine anderen Opfer spricht der Serientäter auf Kirmesplätzen an, meist am Auto- scooter. Er lockte die Kinder in dunkle Stollen Dem sadistisch und pädophil veranlagten Bartsch fallen noch drei weitere Kinder zum Opfer, elf, zwölf und 13 Jahre alt. Peter Fuchs (13) und Ulrich Kahlweiß (12) im Sommer 1965 und Manfred Graßmann (11) im Mai 1966. Im Stollen nahe seines Elternhauses fesselt, foltert und missbraucht Bartsch die Kinder. Sein letztes Opfer erschlägt Bartsch. Die Leiche zerteilt er mit einem Schlachtermesser aus der elter- lichen Metzgerei. Das konnte gerichtsmedizinisch bestätigt werden, anders als bei den drei früheren Opfern, die bereits zu verwest waren, als man ihre sterblichen Überreste fand. Der letzte Junge, der sich in der Gewalt von Bartsch befin- det, kann seinem Peiniger entkommen: Am 18. Juni 1966 lockt Bartsch den 14-jährigen aus Wuppertal in den Langen- berger Stollen. Dort fesselt Bartsch den Jungen, quält ihn – und geht; mit der Drohung, später wiederzukommen und ihn zu töten. Dem Jungen aber gelingt es, mit den Kerzen, die sein Entführer im Bunker brennen ließ, seine Fußfesseln zu durchtrennen und zu entkommen. Der Junge führt die Polizei schließlich zum Tatort. Am 21. Juni 1966, drei Tage nach der Flucht aus dem Stollen, nimmt die Polizei den damals 19-Jährigen in seinem Elternhaus fest. Den entscheidenden Hinweis gibt ein Langenberger Maler- meister. Dessen Sohn war von Bartsch 1961 – noch vor dem ersten Mord – in den Bunker gelockt und gequält worden. Für dieses Vergehen war Bartsch, damals erst 14 Jahre alt, wegen Körperverletzung angeklagt – doch das Wuppertaler Amtsgericht stellte den Fall ein. Womöglich hätte die ganze Mordserie damals verhindert werden können. Jürgen Bartsch als Kind in der Metzgerei seiner Pflegeeltern. Arbeiter im Juni 1966 beim Aufladen von Schutt und Geröll vor dem Stollen, in dem die Leichen der Kinder gefunden wurden. Fotos: dpa (2)

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