Berliner Morgenpost | Dossier Europäische Königshäuser

13 EUROPÄISCHE KÖNIGSHÄUSER ten, kam vor allem Charles in Sachen fi- nanzieller und moralischer Unterstützung schlecht weg. William, Harrys Bruder und Charles’ ältes- ter Sohn, genießt hingegen hohe Populari- tätswerte, weshalb immer Spekulationen aufkommen, der 72-jährige Charles könnte in der Thronfolge zugunsten des 39-jährigen William übersprungen werden. Dazu wird es nicht kommen, da mit einer flexibleren Thronfolge das Grundprinzip einer auf an- geborenen Privilegien beruhenden Monar- chie insgesamt ins Wanken geriete. Beliebt ist unter Beobachtern auch die These, Charles werde bloß ein König des Übergangs sein, bevor mit der Regentschaft Williams eine neue Ära beginne. Doch wenn man sich am Lebensalter der Queen orientiert, könnte eine solche Übergangszeit durchaus einige Jahre dauern. Neue Bevölkerungskreise ansprechen Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie das Königshaus seine Akzeptanz bei jünge- ren Briten, aber auch im Commonwealth, dem Überbleibsel des Empires, stärken kann. Eine Reform des altmodischen Sys- tems von Orden, Auszeichnungen und Medaillen könnte dabei ebenso aufs Tapet kommen wie die Aufarbeitung der kolo- nialen Vergangenheit des Königshauses im Zeitalter der „Black Lives Matter“-Be- wegung. Mit der Thronbesteigung von Charles könnte auch in Ländern wie Australien die Debatte neu aufbrechen, ob ein gewähltes Staatsoberhaupt nicht zeitgemäßer ist als ein König im einstigen imperialen Mutterland. Auch in Großbri- tannien muss das Königshaus eine klare Mehrheit der Bevölkerung hinter sich scharen, um seine Rolle als überparteili- che Institution spielen zu können. Beim Versuch, jüngere, liberale und eth- nisch diverse Bevölkerungskreise an- zusprechen, wären Harry und Meghan eigentlich eine Trumpfkarte. Doch gibt es keine Anzeichen dafür, dass Harrys Rück- kehr nach London zur Beerdigung von Philip zu einer nachhaltigen Versöhnung geführt hat. Vor allem zu Beginn der Regentschaft von Königin Elizabeth spielte Philip eine wichtige Rolle als Modernisierer. Er woll- te in Zeiten des Wandels die Kontinuität der Monarchie sichern, auch wenn sein Reformeifer bei Traditionalisten große Widerstände auslöste. So veranlasste er etwa die Öffnung gegenüber der Presse und dem Fernsehen, um die Königsfami- lie der Bevölkerung näherzubringen. 70 Jahre später steht der Palast erneut unter Anpassungsdruck. Noch muss sich zei- gen, ob Charles und William ähnlich ge- schickt damit umgehen wie einst der nun verstorbene Prinzgemahl. Das britische Empire im Jahr 1922 war die größte Kolonial- macht der Geschichte mit Kolo- nien auf allen Kontinenten. DAS KÖNIGREICH IN ZAHLEN: 14 Gebiete werden seit 2002 als britische Überseegebiete bezeichnet. 40 Monarchen haben Großbritannien bereits regiert. 7 Päpste, 14 US-Präsidenten und 15 britische Premierminister hat die Queen seit ihrer Krönung erlebt. 1922 – zur Zeit seiner größten Ausdehnung – umfasste das Empire mit 458 Millionen Einwohnern ein Viertel der damaligen Weltbevölkerung. 5 Mal war Königin Elizabeth II. während ihrer Amtszeit in Deutschland zu Besuch, zuletzt im Sommer 2015. 4,6 Millionen Follower hat die Queen bei Twitter (Stand: 06.09.2021).

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