BZV | Dossier | Lass uns reden

17 INTERVIEWS Herr Both, Moin oder Zack Ahoi? Björn Both: Zur Begrüßung ganz gerne Moin. Zack Ahoi dann zum Abschied, das ist eigentlich das Ritual. Moin Moin ist schon wieder Sprechdurchfall, das ist eindeutig ein Moin zu viel. Woher kommt der markante Spruch? Ahoi war uns damals zu wenig und durch das Zack kommt der SantianoTritt in den Arsch dazu. Wie war bislang das Feedback von Fans zum neuen Album „Wenn die Kälte kommt“? Fast durch die Bank gut, sowohl das Video als auch das Album mit seiner ganzen Thematik. Natürlich hat man auch manche dazwischen, bei denen das geschmacklich dann jetzt nicht mehr hinhaut, aber wir richten uns ja nicht komplett nach den Fans. Trotzdem tragen wir immer die Verantwortung, dass da, wo Santiano draufsteht, auch Santiano drin ist. Im Video zum Titelsong „Wenn die Kälte kommt“ stehen Sie in einer Polarlandschaft. Allerdings haben Sie in Wirklichkeit an einem heißen Sommertag in einer Kiesgrube gedreht. Wie schwierig war es, sich wie im Polargebiet zu fühlen? Überhaupt nicht! Ich habe wirklich irgendwann angefangen zu frieren, weil die Parameter stimmten ja alle. Du stapfst da durch tiefen Schnee, du siehst die Hand vor Augen nicht, es ist Sturm und Schnee und du stehst da in den dicken Klamotten. Da hat das Gehirn gesagt: „Ok, alle Parameter erfüllt, du frierst“. Und die Leute um uns rum fingen auch an, sich die Jacken anzuziehen, obwohl es 25 Grad im Schatten waren. (lacht) Kann man sich auf weitere Videos zu dem Album freuen? Ja, irgendjemand hat in dem Video geschrieben „to be continued“. Da habe ich nur gefragt: Wer bezahlt das? (lacht) Aber dem müssen wir dann jetzt wohl gerecht werden. Wir wollen noch ein paar Videos drehen, eins ist auch gerade im Schnitt. Wir genießen es sehr, Videos zu drehen, die eine Hollywood-Ebene haben. Ich finde unsere Videos könnten auch immer ein Trailer sein für einen Kinofilm, der demnächst kommt und das macht auch einfach riesigen Spaß. Darf denn schon verraten werden, zu welchen Liedern noch was kommt? Nö. (lacht) Jetzt steht der Winter an, passend zum Album. Freuen Sie sich auf die kalte Jahreszeit? Wir sind Segler, freuen wir uns da auf den Winter? Ich glaube nicht. Das ist immer auch eine traurige Zeit, das muss man ganz klar sagen. Aber als Musiker kommen wir dann wiederum zum Zuge. Wir schauen immer darauf, uns den Sommer nicht so mit Terminen zuzuhauen, weil wir schon sehr gerne auf dem Meer sind. Im Winter sind dann unsere Tourneen und wir spielen mehr. Aber dann freuen wir uns auch wieder aufs Frühjahr, wo die Boote ins Wasser gehen. Sie haben viel mit dem Polarforscher und UN-Botschafter Arved Fuchs zusammengearbeitet, wie kam das zustande? Arved ist ein alter Freund von uns. Und jetzt war es natürlich so: Wenn wir thematisch ins Eis gehen, dann können wir das nicht machen, nur um so eine profane Abenteuergeschichte zu erzählen, ohne nicht auch hier und da den Finger in die Wunde zu legen und ein Engagement zu verbinden, das über dieses Album wirklich hinausgeht. Die Expedition Ocean Change von Arved Fuchs mit der alten „Dagmar Aaen“ entspricht unbedingt dem Markenkern von Santiano. Mit der Thematik Klimawandel ist das Album ja auch ein politisches Statement. Ja, wobei das ist mir noch zu niedrig. Natürlich muss das in der Politik seine Dimension und den Raum finden, aber das, worum es geht, geht doch über Politik hinaus. Es geht um Menschsein und unsere Verantwortung gegenüber unserem Planeten und den Generationen nach uns. Aber da gibt es auch Probleme: Wir waren auf einem Extremwetterkongress in Hamburg, wir beschäftigen uns ja wirklich mit diesem ganzen Kram. Und da treffen wir einen jungen Aktivisten von Fridays for Future, den ich gut kenne. Und wir posten ein Bild mit ihm, um zu zeigen, dass wir da sind. Und dann geht auf einmal ein mega Shitstorm los. 1200 Kommentare auf Facebook, viele unschöne Statements. Sie haben darauf geschrieben, dass der Beitrag einen schönen „reinigenden Charakter hatte“ und man quasi etwas aussortieren konnte. Wir können uns jetzt natürlich verbiegen und sagen, wir wollen uns mit unseren Fans nicht anlegen. Denn wenn man nur halb hinschaut, denkt man vielleicht: Ooh, das sind jetzt etwa 80 Prozent der Fans, die jetzt so reagieren. Aber das stimmt nicht. Wenn man dann recherchiert, dann behaupten zwar welche, dass sie gerade die Konzertkarten verbrannt oder die Platten in den Mülleimer geworfen haben ... Aber das sind in den seltensten Fällen wirklich Santiano-Fans. Ein Impfappell hat nicht so einen großen Shitstorm, aber trotzdem viele erboste Kommentare bekommen. Wie geht man damit um? Das mussten die Toten Hosen, genau wie die Ärzte und alle, die sich an dieser Aktion beteiligt haben, lesen. Es war eine Solidaraktion von vielen Künstlern und da haben wir gesagt, okay, da sind wir dabei. Aber dann haben ja wirklich alle ihr Fett weggekriegt für diese Geschichte. Das muss man dann aushalten. Ich stehe zu jedem Wort, das ich da geschrieben habe. Sie haben angekündigt, dass Sie sich für die Tour viele spezielle Dinge haben einfallen lassen. Darf man davon schon etwas verraten? Arved Fuchs ist dafür bekannt, dass er unglaublich tolle Vorträge halten kann – frei Schnauze ohne Manuskript, weil er einfach weiß, wovon er spricht. Und der spricht so druckreif und mit einer unglaublich starken Stimme, die einen mitnimmt, dass wir ihn auf ausgesuchten Konzerten sprechen lassen und mit unseren technischen Möglichkeiten multimedial ein Event daraus machen.

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