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14 INTERVIEWS Als Vorgruppe von Silbermond machten sich Revolverheld einen Namen – mittlerweile füllt die Deutschrock-Band selbst Stadien. Ende 2021 erschien das sechste Album „Neu erzählen“. Darauf machen Johannes Strate & Co. einen musikalischen Trip in ihre Kindheit, zurück zu den Idolen der 80er-Jahre. In die Synthesizer-Klänge sind ernste Themen eingebettet. Was die vier jenseits der Musik verbindet und was passiert, wenn Johannes Strates Sohn lieber Speed Metal als den Papa hören möchte, erzählte der 42-Jährige Kirsten Gnoth. Das Album trägt den Titel „Neu erzählen“ – was wird da neu erzählt? Johannes Strate: Erstmal ist es auch ein Song auf dem neuen Album und der schließt an ein Lied unseres letzten Albums an – „Unsere Geschichte ist erzählt“. Witzigerweise kamen immer wieder Freunde zu mir und sagten: „Es ist ein toller Song, aber ich kann ihn mir nicht anhören. Er ist so hoffnungslos.“ Und nun habe ich mir gedacht, dass ich auch mal eine Fortsetzung von einem Song schreiben kann, in der ich dem Paar eine zweite Chance gebe. Wir sind durchaus eine Band, die nicht immer versucht, in dieselben Fußstapfen zu treten. Wenn man den Kontext dann noch etwas größer macht und auf die Welt ummünzt, sind wir an einem Punkt, an dem wir uns schon längst hätten neu erzählen sollen. Sie waren vor der Pandemie auf Tour und haben währenddessen angefangen, an dem Album zu arbeiten. Wie schreiben Sie auf Tour? Wenn wir mit einem Nightliner fahren – also einem Bus, in dem wir auch pennen – dann kommen wir um acht oder neun in einer Stadt an. Früher haben wir bis 14 Uhr gepennt, damit der Kater vom Vorabend weg war (lacht). Jetzt stehen wir um neun Uhr auf. Unser erster Termin ist der Soundcheck um 16 Uhr. Das ist eine lange Zeit. Als wir jetzt viele gute Ideen hatten, haben wir das Setup mitgenommen. Kris (Kristoffer Hünecke, Gitarrist, Anm. d. Red.) hat es bei sich im Zimmer aufgebaut, ich habe Kaffee geholt und dann haben wir uns gegenseitig Songs vorgespielt. Es gab schöne, rührende Momente – er ist einer meiner besten Freunde. Als ich ihm „Das Größte“ vorgespielt habe, saß er da und hat geweint, weil er es so verstehen konnte. Sie sind alle schon lange befreundet. Wie klappt es als Freunde und Geschäftskollegen? Es hat vor zwanzig Jahren angefangen, als wir alle Anfang zwanzig waren. Da ist es aus Freundschaften heraus entstanden und war recht unbedarft. Wir haben Musik gemacht, hatten Spaß dran und sind einfach losgefahren. Irgendwann ist das dann ein bisschen größer geworden. Das erste Album ist abgegangen und plötzlich ist da ein gewisser Druck. Vorher hatten wir in sechs Jahren Songs geschrieben und dann mussten wir in einem Jahr Songs schreiben. Aber ich habe es immer als total angenehm empfunden, eine Truppe von Freunden um mich herum zu haben. Mit denen konnte ich den Druck teilen – auch privat. Haben Sie alle denn auch Macken? Nein, nein, meine Kollegen sind alle perfekt (lacht). Na klar, es gibt Macken. Wenn einer mal etwas gereizt ist, dann macht er bei der Telko eben nicht mit und kriegt Zeit für sich. Aber ich muss auch sagen, wir haben keinen Psychopathen in der Band, den man immer wieder einfangen muss oder der morgens um neun Heroin nimmt. Mit über 40 weiß ich, morgens Heroin nehmen, sollte man lieber lassen (lacht). Spaß beiseite, das habe ich zum Glück nie ausprobiert. Kommen wir zurück zu „Neu erzählen“: Der musikalische Einfluss für das Album kommt aus den 80er-Jahren. Wieso gerade dieses Jahrezehnt? Es war eben die Musik, die wir gehört haben, als wir klein waren. Und das ging schon vor fünf Jahren los, als wir eine sehr 80er-lastige Tour gespielt haben. Bei der ersten Single „Leichter“ haben wir viele Wege eingeschlagen und sie ist dann doch sehr 80er-mäßig geworden – also sind wir den Weg dann weitergegangen. „ICH HAB’ MEINEM SOHN DIE IDEE GEKLAUT“ Revolverheld haben ihr sechstes Album „Neu erzählen“ veröffentlicht. Im Interview verrät Sänger Johannes Strate, was sich hinter dem Synthesizer-Sound verbirgt und ob einer der vier Herren Macken hat. REVOLVERHELD

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