5 65 Stunden Fahrzeit: Klimaaktivistin reist mit dem Zug nach Davos Der amerikanische Zukunftsforscher Dennis L. Meadows 1993 in Wien (Österreich). Er wurde als Co-Autor der Studie „Die Grenzen des Wachstums“ (1972) international bekannt. ein Buch veröffentlichte, das gewaltige Aufregung auslösen sollte. Titel: Die Grenzen des Wachstums. Wenn die Menschheit so weiter wächst wie bisher, so die These von Dennis Meadows, wird sie innerhalb weniger Jahrzehnte an ihre Grenzen stoßen. Meadows und seine Kollegen haben nach damals bekannten Daten die RohstoffVorräte der Erde mit dem Wirtschaftswachstum und den Geburtenraten in Formeln gefasst und ihre Computer mit der Frage gefüttert, wie es um die Erde als Wachstumsraum bis zum Jahre 2100 bestellt sein würde. Ölpreis-Schock verdrängt Umweltgedanken Das Resultat der Simulationen war erschütternd: Die Äcker würden schon bald nicht mehr alle Menschen ernähren können, die Rohstoffe werden knapp und das Wachstum kommt zum Erliegen. Der Zusammenbruch sei in diesem Szenario kaum abzuwenden. Schon bald habe die Menschheit so viele Reserven verbraucht, dass nicht mehr alle überleben könnten. In der Ölkrise 1973 aber hatte die Welt für solche Mahnungen kein Ohr. Der Preisschock hätte zu einer wachstumspolitischen Wende mahnen können, doch als der Treibstoff des Wachstums plötzlich teuer wurde, traten die Sorgen umWirtschaft und Arbeitsplätze in den Vordergrund. Seine Analyse habe trotz damals beschränkter Mittel bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren, sagte Meadows 40 Jahre nach der Veröffentlichung seiner Untersuchung am Rande einer Konferenz dieser Redaktion: „Wir leben zigfach über der Nachhaltigkeitsgrenze. Es gibt wieder einen immensen Wachstumsdruck. Doch zugleich wächst der Druck auf die Gesellschaft durch Energieknappheit und Klimawandel.“ „Wir steuern auf den Kollaps zu.“ Aus seiner Sicht zäumt die Menschheit das Pferd von hinten auf: Nicht der Klimawandel sei das Problem, das ungebremste Wachstum sei es. Die Menschheit plündere den Planeten aus, auf dem sie lebt. Nachhaltigkeit? „Wir steuern auf den Kollaps zu.“ Doch statt sich dieser Einsicht zu stellen und entsprechende Entscheidungen zu treffen, „tun unsere politischen Führer alles, um den Status Quo zu bewahren“, sagte Meadows damals. Damit setzten sie die Zukunft des Planeten aufs Spiel. Das Werk, das neuneinhalb Millionen Mal verkauft wurde, gilt bis heute als eine der einflussreichsten Studien überhaupt. Es markiert den Startpunkt der modernen Öko-Bewegung und war Geburtshilfe für die Grünen. Der Gedanke des „Club of Rome“ wurde aufgegriffen, etwa im Brundlandt-Bericht der Vereinten Nationen 1987 „Unsere gemeinsame Zukunft“, der die nachhaltige Entwicklung ins Zentrum stellte. Der „Erdgipfel von Rio“ Ebenso beim „Erdgipfel von Rio“ im Juni 1992, bei dem 178 Staaten den Grundstein für eine gemeinsame „Erdpolitik“ zur Erhaltung der Lebensgrundlagen legten. „Rio steht für eine weltweite Anerkennung des Leitbildes der Nachhaltigkeit“, hieß es anschließend. Der Bundestag erweiterte 1998 den Begriff und stellte ihn auf drei Säulen: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Nachhaltig ist demnach eine Lebensweise, die Ressourcen schont und Chancengleichheit gewährleistet. Doch etliche Weltklimakonferenzen und -abkommen später verliert die Jugend der Welt die Geduld. Am 20. August 2018 begann die damals 15-jährige Schülerin Greta Thunberg mit dem ersten „Skolstrejk för klimatet“, dem Schulstreik für das Klima. Drei Wochen lang ging sie freitags nicht zur Schule, sondern protestierte vor dem schwedischen Reichstag in Stockholm. Allein, nur mit ihrem selbst gemachten Plakat, saß sie dort. Die Jugend verliert die Geduld Aus der einsamen „Fridays for Future“- Aktion wurde rasch eine weltweite Bewegung. „Hört auf die Wissenschaft“, „Wir haben keinen Planeten B“ oder „Handelt endlich, damit wir eine Zukunft haben“ sind ihre Slogans. Auf dem UN-Klimagipfel 2019 schleuderte die Schülerin den versammelten Staatenlenkern der Erde ein empörtes „How dare you?“ entgegen - wie könnt ihr es wagen. Die Jugend ist wütend. Aus ihrer Sicht scheitert die Politik immer noch an der Umsetzung der über 300 Jahre alten Idee der Nachhaltigkeit und verpasst das 2015 im Pariser Klimaabkommen verabredete 2-Grad-Ziel. Wer weiß, vielleicht hätte sich der sächsische Nachhaltigkeits-Pionier Hans Carl von Carlowitz unter die Aktivisten und Baumschützer gemischt, die am Rande der Braunkohlegrube den Hambacher Forst gegen die Bagger verteidigten. Foto: Valentin Flauraud/KEYSTONE/dpa, dpa-Bildfunk Foto: picture-alliance / dpa NACHHALTIGKEIT
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