WR | Dossier | Nachhaltig leben

9 „Exit Fast Fashion“-Kurs in Ennepetal. este vom Neuesten tragen. Und es kostet ja auch nicht mehr als ein Taschengeld, und wenn doch, dann „sagt das nichts über den Wert: Die Näherin kriegt wahrscheinlich auch nicht mehr Geld“. Oder die Pflückerin, die Spinnerin, die Weberin… Andersrum aber wird ein Billig-Schuh draus: „Je günstiger das Kleidungsstück, desto weniger wahrscheinlich sind faire Bedingungen.“ Den Preis, „den wir nicht zahlen, zahlt jemand anders“: die Menschen in den Fabriken, die Umwelt... Fast Fashion ist wie Fast Food, im Zweifelsfalle ungesund. 2700 Liter Wasser für ein einziges T-Shirt Nicht alle Konfirmanden der Gemeinde Rüggeberg bei Ennepetal im Bergischen haben gewusst, was Miriam Albrecht vom Dortmunder Amt für Mission, Ökumene und, wichtig, kirchliche Weltverantwortung (MÖWe) da erzählt, oder sie haben noch nicht recht darüber nachgedacht. Dass für die Herstellung eines T-Shirts („Davon habe ich mehr als 50, das ist doch das Wichtigste!“) 2700 Liter Wasser benötigt werden, so viel wie ein Mensch für zweieinhalb Jahre Leben braucht. Dass eine Jeans mehr als 50.000 Kilometer zurücklegt, eine Reise durch neun Länder, bis man das Handy in ihre Gesäßtasche stecken kann. Dass zehn Prozent der Treibhausgase von der Klamotten-Produktion kommen. Dass durch Textilien 92 Millionen Tonnen Müll im Jahr anfallen – es bringt hier keiner das Abgelegte in den Altkleidercontainer – und 35 Prozent des Mikroplastiks in den Meeren aus Kleidung kommt. Sagt Miriam Albrecht, sie lässt die Jugendlichen das raten, und die jubeln jedes Mal leiser, wenn sie etwas richtig haben. „Echt jetzt?“ „Krass!“ Mit Anlauf werfen sie später Steppjacken auf einen Kleiderberg, auf dem schon die Second-Hand-Klamotten von Miriam Albrecht warten, noch einen Schal dazu und vom Kumpel den Kapuzenpulli: Das sind symbolisch die Stücke, die sich die Menschen im Jahr kaufen, mal mehrere Millionen. Jetzt ist die linke Zimmerecke Afrika, gegenüber liegt Nordamerika und Asien in der Mitte. Die 13-Jährigen sortieren, „Europa“ ist ein Stuhlturm, der unter den Kleidern bald zusammenbricht. „Ihr müsst nach dem Reichtum gucken“, sagt die Referentin, das machen sie schon richtig: Asien bekommt nur vier Stücke, dabei wohnen da die meisten Menschen, „und die kleiden uns ein“. Es geht um Gerechtigkeit und um die Bewahrung der Schöpfung Und haben deshalb auch den größten ökologischen Fußabdruck: Die Konfirmanden laufen jetzt auf Strümpfen durch den Raum, stapeln Stiefel und Sneaker auf den Kontinenten, die meisten in den USA – nur geht es gerade nicht um Schuhe, sondern um die Umweltverschmutzung. „Ungerecht“ sagt Nick, und das war der Sinn der Sache, dass sie das verstehen. Die Kirche denkt an Gerechtigkeit bei ihrem Projekt, an die Bewahrung der Schöpfung, die Konfirmanden-Gruppe an die Zukunft. Was macht man jetzt, keine Klamotten mehr shoppen? „Muss denn Shoppen eine Freizeitbeschäftigung sein?“, fragt Miriam Albrecht, die selbst längst weniger kauft und auch weniger wäscht, wegen des Mikro-Plastiks. „Etwas leihen, Kleidertausch-Partys machen, Second Hand kaufen“, empfiehlt die 24-Jährige. In ihren eigenen Nike-Tretern ist vorher schon jemand anders spaziert. „Exit Fast Fashion“, sagt die Expertin, könne nur Impulse geben. Die Studentin weiß es ja selbst: Es braucht Durchhaltevermögen, um den Verlockungen zu widerstehen. „Es geht mir am besten, wenn ich Shopping-Malls meide.“ Foto: Ralf Rottmann/ Funke Foto Services NACHHALTIGKEIT

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