Berliner Morgenpost | Dossier | Queen Elizabeth ||
TEXT: MARLIES FISCHER MIT DER S-BAHN NACH POTSDAM Als Queen Elizabeth zum ersten Mal nach Deutschland kommt, ist sie seit elf Jahren Königin, die Hauptstadt der BRD heißt noch Bonn, Kanzler ist Ludwig Erhard. Der Zweite Weltkrieg ist erst knapp 20 Jahre her, die Reise eine Geste der Versöhnung – und der Empfang euphorisch AUF BESUCH IN DEUTSCHLAND Die Queen und Deutschland – dieses Verhältnis ist vielschichtig. Wie ihr Mann Philip Mount batten (der anglisierte Familienname Batten berg der britischen Familie seiner Mutter) hat sie deutsche Vorfahren. Das allein zeigt, dass Staatsbesuche von Königin Elisabeth II. in Deutschland für sie keine Besuche wie jeder andere sind. Es ist eine Reise zu ihren Wurzeln. Eigentlich muss man sogar schon sehr weit zurückgehen, um einen richtigen Engländer auf dem Thron zu finden. Denn bereits 1714 schwingt Kurfürst Georg Ludwig von Hanno ver das Zepter. In seinen 13 Jahren als König George I. lernt er auch nie wirklich Englisch. Der zeitweise verwirrte George III. blieb vor allem dafür in Erinnerung, dass er einmal eine Eiche als König von Preußen ansprach. Bis ins 20. Jahrhundert sucht sich die Kö nigsfamilie ihre Partner im deutschen Adel. So heiratet Königin Victoria 1840 Prinz Albert von SachsenCoburg und Gotha. Zu seinem blei benden Erbe gehört der deutsche Christbaum. Bis zum heutigen Tag packt die Königsfamilie ihre Geschenke an Heiligabend aus und nicht erst nach britischer Sitte am Morgen des ersten Weihnachtstages. Für manche Boulevardzei tung grenzt das fast schon an Landesverrat. Aufgrund der deutschen Abstammung und der Verwandtschaft der königlichen Familie mit einem regierenden landesfürstlichen Haus des deutschen Kaiserreichs wächst der innenpoli tische Druck während des Ersten Weltkrieges mit der Folge, dass König George V. am 17. Juli 1917 den anglisierten deutschen Namen Saxe Coburg and Gotha, den die Familie seit 1840 trug, in den jetzigen Namen Windsor ändert. Als Kind erlebt Elizabeth die deutschen Bombenangriffe auf London und grüßt 1940 in ihrer ersten Rundfunkansprache ihre Altersge nossen, die aus den Städten evakuiert worden sind. Und auch ihre große Liebe Philip ist nicht unumstritten: Er wächst zum Teil sogar am Bo densee auf und spricht Deutsch. Seine Schwes tern sind mit deutschen Adligen verheiratet, die Verbindungen zu den Nationalsozialisten hatten. Sie werden deshalb auch nicht zur Hochzeit im November 1947 eingeladen. Auch Elizabeth’s Mutter soll sich anfänglich gegen die Vermählung ausgesprochen und Philip als „Hunnen“ (ein englisches Schimpfwort für Deutsche) bezeichnet haben. Als die Queen 1992 mit Philip zu ihrem dritten Staatsbesuch nach Deutschland kommt, ist dies auch ein An lass für ein großes Verwandtentreffen. 20
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