WP | Dossier | A-45 2.Teil

37 A45-BRÜCKE Berlin/Lüdenscheid. Vorwürfe, es gehe alles nicht schnell genug beim Neubau der kaputten A-45-Brücke, lässt Bundesverkehrsminister Volker Wissing abprallen. Wir haben mit ihm das einzige Exklusiv-Interview geführt, dass der FDP-Politiker zum Jahrestag der Autobahnsperrung gibt. Wird der Ersatzneubau der Rahmedetalbrücke mit dem maximal möglichen Tempo vorangetrieben? Ja, das wird er. Wir gehen die wichtigsten Schritte parallel: Planung, Vorbereitung der Sprengung, Ausschreibung für die neue Brücke. Unser Ziel ist es, die Region schnellstmöglich durch den Neubau zu entlasten. Daran arbeiten wir mit vollem Einsatz. Aber dass Sie den von Ihnen angekündigten Sprengungs-Termin im Dezember nicht halten können, hat Sie schon gewurmt, oder? Der Zeitpunkt der Sprengung hat keinerlei Auswirkung auf die Fertigstellung des Gesamtprojekts. Man muss bedenken: Hier geht es um ein Unikat. Jede Brücke ist einzigartig. Im Rahmedetal befindet sich zum Beispiel ein Galvanikbetrieb in unmittelbarer Nähe, was zu ganz anderen Herausforderungen führt als bei anderen Brücken. Bürger und Wirtschaft hätten gerne einen Zeitplan, also eine Perspektive. Das kann ich gut verstehen. Aber einen Termin für die Fertigstellung der neuen Brücke kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand nennen. Ich versichere Ihnen: Alles wird unternommen, damit wir so schnell wie möglich fertig werden. Sie sagen: Es geht schnell. Die Region sagt: Es geht langsam. Wie wollen Sie diesen Konflikt lösen? Indem wir transparent kommunizieren. Diejenigen, die diese Brücke planen und bauen, verfügen über einen enormen Erfahrungsschatz. Sie sind mit solchen Herausforderungen ihr gesamtes berufliches Leben konfrontiert. Auf der anderen Seite steht die Bevölkerung, die unter der Situation leidet. Da hilft nur: reden und informieren. Deswegen habe ich den Bürgerbeauftragten eingesetzt. Gleichwohl müssen wir hier jeden Tag gigantische Probleme lösen. 4000 Kubikmeter Oberboden müssen an Nord- und Südhang abgetragen und zwischengelagert werden, Baustraßen müssen im Hang errichtet werden, die Hänge müssen wiederum mit Fangzäunen gesichert werden. Für das Fallbett müssen 60.000 Kubikmeter Erde bewegt werden, Entwässerungsleitungen müssen verlegt werden, wir müssen 55 mit Erde gefüllte Seecontainer als Schutzwall aufstellen. Insgesamt müssen hier 85.000 Tonnen Erde angeliefert und aufgeschüttet werden, nur um die Sprengung vorzubereiten. Also sind Sie mit dem Tempo zufrieden? Es kommt darauf an, dass jede denkbare Beschleunigungsmaßnahme umgesetzt wird. Wenn jemand eine Idee hat, wie 85.000 Tonnen Erde schneller bewegt werden können, dann her damit. Ich freue mich über jeden Vorschlag – und wenn er technisch und rechtlich umsetzbar ist, dann machen wir das. Ist der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung ein guter Vorschlag? Nur wenn er rechtssicher ist. Wenn wir auf Umweltverträglichkeitsprüfungen verzichten, darf nicht das Risiko bestehen, dass wir damit vor Gericht landen und das Gesamtverfahren um die Dauer des Prozesses verlängert wird. Der Verzicht ist also kein guter Vorschlag? Wir planen die schnellste Variante und prüfen permanent, ob wir damit rechtlich auf der sicheren Seite sind. So mancher fordert mich auf, die Rechtsvorschriften doch einfach zu umgehen. Aber dass am Ende nach zeitaufwendigen Verfahren die Richter entscheiden, kann doch nicht die Lösung sein. Ich will ganz klar sagen: Die Verantwortung für den Zustand dieser Brücke trage ich in keiner Weise. Dieser Ersatzneubau hätte niemals so lange verzögert werden dürfen. Deswegen bügele ich jetzt die Fehler anderer Leute aus. Zu verantworten haben diese Situation diejenigen, die entschieden haben, dass diese Brücke nicht dringend saniert werden muss. Sie meinen die damalige Landesregierung von NRW? Die hatte die Verantwortung. Und damit den ehemaligen Verkehrsminister Hendrik Wüst? Wer das damals konkret entschieden hat, weiß ich nicht. Fest steht, dass man diese Brücke schon früher sanieren wollte, wofür es viele gute Gründe gab. Schon damals war doch klar, dass es keine alternative Route geben würde, falls die Autobahn gesperrt werden müsste. Trotzdem wurde der Neubau zurückgestellt. Die Phase bis Ende 2021 wäre selbstverständlich eine wertvolle Zeit gewesen, um einen Ersatz zu errichten. Diese wertvollen Jahre fehlen jetzt. „Jede Brücke ist einzigartig. Im Rahmedetal befindet sich zum Beispiel ein Galvanikbetrieb in unmittelbarer Nähe, was zu ganz anderen Herausforderungen führt als bei anderen Brücken.“ Volker Wissing Bundesverkehrsminister

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