75 Jahre WP | Jubiläumsausgabe

Von Jens Stubbe und Laura Handke Hagen. Vielfalt. Migration. Diversität. Integra- tion. Themen, die dieseZeitung immerwieder in ihrer Berichterstattung aufgreift. Themen, die sich aber noch zu wenig in den Redaktio- nen selbst widerspiegeln: Die WP ist in den vergangenen Jahren zwar deutlich weiblicher geworden, aber Mitarbeiter mit Einwande- rungsgeschichte gibt es kaum. Vielleicht liegt es daran, dass die klassischen Medien junge Menschen – gerade auch mit Migrationsge- schichte – nicht erreichen (siehe Interview). Oder dass Menschen, die nicht den klassi- schen Bildungsweg gegangen sind, oft keine Chance bekommen. Ein Projekt dieser Zei- tung nimmt dieses Problem in den Blick. Wir wollen zuhören, offen darüber spre- chen, gemeinsamLösungen finden. Ein erster Ansatz dafür ist ein Integrationsprojekt, das diese Zeitung gemeinsam mit Gandhi Chahi- ne vomMusic Office Hagen aufgelegt hat, der für seine Arbeit mit jungen Menschen bereits mehrfach ausgezeichnet wurde und unter an- derem mit Goethe-Instituten in Belgien, Ita- lien und Frankreich zusammenarbeitete. „Wir alle haben die Möglichkeit, etwas zu verändern. Die Jugendlichen resignieren oft, fühlen sich nicht gesehen oder verstanden, machen Ausgrenzungserfahrungen“, gibt Gandhi Chahine Einblicke in die Beobach- tungen, die er bei seiner Arbeit macht. „Es geht darum, ihnen Perspektiven zu geben. Mut zumachen, ihreTalente zu erkennenund zu fördern.“ Sie schreiben gemeinsam Songs, drehen Filme, schauspielern, gehen für Inter- views auf die Straße, beschäftigen sich mit ge- sellschaftlich relevanten Themen imRahmen von zahlreichen Projekten. „Lichter der Großstadt“, heißt eines davon. „Es gibt viele kleine, ganz unterschiedliche Lichter. Sie alle gehören zu einer Großstadt dazu“, erklärt Gandhi Chahine den Namenshintergrund. „Dann geht es darum, dass sie sichtbar wer- den. Dass ihre Meinungen und Probleme ge- hört werden.“ Sichtbar werden sollen die jungen Men- schen unter anderem in dieser Zeitung. Denn sie sind Teil des Projektes, bei dem ein eintägi- ger Workshop im Pressehaus in der Schür- mannstraße in Hagen stattfinden soll. Vorab sollen sie die Möglichkeit bekommen, einen Monat lang diese Zeitung kostenlos zu lesen. Was finden sie gut?Was langweilig?Was fehlt ihnen? Welche Themen beschäftigen sie in ihrem Alltag? Die Umsetzung erfolgt, sobald es die Pandemie zulässt. Die Jugendlichen sollen außerdem die Chance bekommen, ihre Geschichten aufzu- schreiben, die Arbeit einer Redaktion ken- nenzulernen und – wenn sie möchten, ein Praktikum bei der WP zu absolvieren und im Anschluss als Freier Mitarbeiter oder Freie Mitarbeiterin diese Zeitung mitzugestalten. „Ich finde das ist ein tolles Projekt. Für die Ju- gendlichen ist das eineChance, zu zeigen, was sie draufhaben. In der Schule und im Leben sind viele defizitär orientiert. Ich kenne hier keinen Jugendlichen, der nicht mindestens einmal gehört hat, dass er das nicht schafft. Keine Zukunft hat. Aber wenn sie eine Pers- pektive haben und für etwas brennen, res- pektvoll behandelt werden, dann kann das den Lebenslauf verändern.“ Gandhi Chahine selbst hat das schon oft erlebt. „Das bestärkt mich inmeiner Arbeit. Und es gab tatsächlich noch nie einen Jugendlichen oder eine Ju- gendliche, die ich aufgegeben habe.“ I NTEGRAT IONSWORKSHOP ÜBER MUT UND CHANCEN PBX__NRWTZ_11 SAMSTAG | 26. JUNI 2021 Spiegel der Gesellschaft Hagen. Zum Journalismus gehört die Bereit- schaft, sich stets auf Neues einzulassen, ande- re Arbeitsweisen und Produkte zu entwi- ckeln. Na und, könnte man anmerken. Stän- dige Veränderung gibt es in jeder Branche. Stimmt. Ein Aspekt aber ist für eine Regional- zeitung wie die WP von besonderer Bedeu- tung. Zu den Grundlagen unserer Arbeit ge- hört es, Themen zu finden, die die Bandbreite der Gesellschaft spiegeln. Das gelingt am bes- ten, wenn die Redaktionen in ihrer Zusam- mensetzung dieser Bandbreite nahekommen. Die Gesellschaft, in der wir leben, hat sich sehr verändert. Ganz wesentlich gewachsen ist die Zahl derer, die mit einer Migrationsge- schichte in unseren Städten und Gemeinden leben. Da sind diejenigen, deren Eltern – oft Großeltern – vor Jahrzehnten nach Deutsch- land gezogen sind, um hier zu arbeiten. Sie sind geblieben und unsere Mitbürger. Seit 2015 kamen Tausende aus Syrien, Afghanis- tan und anderen Ländern zu uns. Auf der Flucht vor Krieg und Vertreibung. Auch die WP hat sich gewandelt. Wir sind jünger und weiblicher geworden. Aber viel zu wenige Kolleginnen und Kollegen mit Migra- tionshintergrund gehören zu den WP-Teams. Deshalb haben wir uns im Jubiläumsjahr auf denWeg gemacht, umdaran etwas zu ändern. Zuhören hilft. Wir laden junge Menschen in die „WP-Arena“ ein, sind neugierig auf ihre Themen und ihre Kritik an unserer Arbeit. Vielleicht finden wir Mitstreiterinnen und Mitstreiter für die WP der Zukunft. KOMMENTAR VON DR. JOST LÜBBEN Wenn die Jugendlichen eine Perspektive haben und für etwas brennen, wenn sie respektvoll behandelt werden, dann kann das den Lebenslauf verändern. Gandhi Chahine vomMusic Office Hagen Anzeige Alter Flecken & Neues Ufer Durch malerische Fachwerkdörfer flanieren und am neuen Siegener Ufer das bunte Treiben der Stadt erleben. Siegen-Wittgenstein bietet das Beste aus zwei Welten. Für alle, die keine Kompromisse eingehen wollen. www.echtvielfaeltig.de

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