75 Jahre WP | Jubiläumsausgabe

PBX__NRWTZ_16 SAMSTAG | 26. JUNI 2021 Als ich zunächst als freier Mitarbeiter und als Volontär in der Redaktion anfing, teilten sich noch fünf Kollegen plus Sekretärin zwei Rechner, um die „hart gekämpft“ wurde. Joachim Gieseke (64) Redakteur Ich glaube, die größte Herausforderung wird sein, den Spagat zwischen Print und Online zu schaffen. Beide Lesergruppen zu bedienen und keinen fallen zu lassen. Yvonne Held (38) Redaktionsleiterin Wetter/Herdecke Guter Lokal- journalismus bedeutet für mich, nah an den Bürgerinnen und Bürgern zu sein, ihr Vertrauen zu gewinnen sowie objektiv und aktuell zu berichten. Sophie Beckmann (23) Redakteurin FOTOS: MICHAEL KLEINRENSING, PRIVAT, JOEL KLAAS Zeitung, Social Media, wp.de : Der Redaktionsalltag hat sich über die Jahre stark verändert, damit unsere Inhalte Sie noch schneller und aktueller erreichen. Drei Reporter-Generationen berichten über den Wandel Joachim Gieseke: Na ja, schon allein durch die fortschreitende Digitalisierung. Als ich zunächst als freier Mitarbeiter und als Vo- lontär in der Redaktion anfing, teilten sich noch fünf Kollegen plus Sekretärin zwei Rechner, um die „hart gekämpft“ wurde. Das meiste lief auf der Schreibmaschine, Fotos mussten selbst entwickelt und be- rechnet werden und wurden dann von einem Kurier abgeholt. Heute ist auch das Arbeitstempo ein völlig anderes – weil die digitalen Kanäle schnell bespielt werden müssen, um aktuell am Ball zu sein und auf neue Lagen zügig reagieren zu können. Denn durch die Digitalisierung ist die Kon- kurrenz im Netz unvergleichlich groß. Schade ist allerdings, dass durch die zuneh- mendeDigitalisierung immer wenigerMen- schen in der Redaktion erscheinen. Statt ne Mail. Yvonne Held: Die Arbeit in der Lokalredak- tion ist komplexer als früher. Sicher ist auf- grund der Digitalisierung vieles schneller und einfacher geworden. Wenn ich beden- ke, dass ich früher mit drei Fotofilmen be- waffnet und meiner Spiegelreflexkamera auf den Fußballplatz gezogen bin und hin- terher mit Schweißperlen auf der Stirn die Fotos entwickelt und gehofft habe, es möge mindestens einbrauchbares Bild dabei sein, auf dem Spieler und Ball gemeinsam zu se- hen sind, ist es mit den Digitalkameras heu- te schon einfacher. Außerdem wird alles schneller. Ein Feuer, ein Unfall, eine Ent- scheidung in der Politik – bist du nicht als Erster mit der Meldung raus, hast du schon Leser verloren. Trotzdemmuss alles korrekt recherchiert sein. Dazu verpflichtenwir uns mit dem Pressekodex. Nicht umsonst ver- trauen die Leser uns. Sophie Beckmann: Nun, da ich erst seit Sep- tember 2019 dabei bin, kann ich zu dieser Frage nicht allzu viel sagen. Natürlich spielt Corona eine wahnsinnig große Rolle. Die Pandemie hat sehr viel verändert. Allge- mein denke ich, dass die Auslagerung in den digitalen Bereich immer bedeutender und wichtiger wird. Online-Prozesse wer- den intensiver optimiert und bearbeitet. Wi e hat s i ch eure Arbe i t in den l e t z ten Jahren ve rände r t ? GENERATIONEN We l che Med i en nut z t i hr pr ivat , um euch zu informi e ren? oachim Gieseke: Printme- dien wie die WESTFA- LENPOST, die Frankfurter Rundschau, den Spiegel nd deren Online-Auftritte. azu die öffentlich-rechtli- n Sender. Eher weniger für e Informationen nutze ich ok und Co. J u D che solid Facebo Yvonne Held: Ichmuss gestehen, dass ich ein sehr klassischer Mediennutzer bin. Ich lese morgens die Zeitung in gedruckter Form. Im Auto läuft bei mir das Radio und somit die Nachrichten. Ich habe zudem diverse Online-Kanäle der WP abonniert, so weiß ich beispielsweise immer, wenn mein Her- zensverein neue Spieler hat oder wenn in der Nachbarstadt Straßensperrungen sind. Sophie Beckmann: Ich schaue ganz klassisch Nachrichten im Fernsehen, jeden Morgen gucke ich entweder das Frühstücksfernse- hen auf Sat1 oder das ZDF-Morgenmaga- zin. Natürlich informiere ich mich auch über das Internet, allerdings deutlich selte- ner. Einen bestimmten Grund gibt es dafür gar nicht, es ist für mich einfach eine Ge- wohnheit. 3 SOPHI E JOACHIM Wi e wi rd s i ch d i e Arbe i t in den kommenden Jahren ve rände rn? achim Gieseke: Die größte Herausforderung ist ohne Zweifel, im Netz zu be- tehen. Denn dort wird wohl irgendwann die allei- ige Nachrichten-Musik pielen. Daher wird sich ch unsere Arbeit verän- n: noch schneller, noch dlicher und auch mit völlig Herangehensweisen an die um sich von anderen An- heben. Aber auch Team- komplett neue Bedeutung bekommen. Yvonne Held: Ich glaube, die größte Heraus- forderung wird in den kommenden Jahren sein, den Spagat zwischen Print undOnline zu schaffen. Beide Lesergruppen zu bedie- nen und keinen fallen zu lassen. Ich gehe davon aus, dass es Zeitung irgendwann nur noch digital gibt, aber über das Format, das wir heute bereits kennen noch weit hinaus. Ich denke, Journalismus wird digital und vor allem interaktiver werden. Redakteure werdennichtmehr nur ihreGeschichten re- cherchieren und schreiben, sondern ver- stärkt mit den Lesern und Usern interagie- ren. Das wird eine Herausforderung sein, aber eine, auf die ich mich sehr freue. Sophie Beckmann: Ich denke, dass Corona uns alle noch lange begleiten wird. Durch die Pandemie haben wir aber auch gleich- zeitig die Chance bekommen – mehr oder weniger freiwillig –, uns viel, viel schneller und intensiver auf das Digitale zu konzent- rieren. Ich denke, dass es künftig definitiv eine Herausforderung sein wird, mit Print und Online auf dem Markt sichtbar vertre- ten zu bleiben. Aber wie sagt man so schön? Es gibt nichts, wasmannicht schaffen kann. Deshalb blicke ich zuversichtlich in die Zu- kunft. Denn jede Herausforderung hat ihren Reiz und bringt Neues und Unerwar- tetes mit sich. Gespräch also ei Jo s n s au der grün neuen Themen – bietern abzu work wird eine YVONNE Joachim Gieseke: Interessierten jungenMen- schen rate ich unbedingt zu einer längeren freienMitarbeit in einer Redaktion. So kön- nen sie am besten beurteilen, ob sie für einen solch kommunikativen Beruf, der große Flexibilität erfordert, geeignet sind. Außerdem können sie schnell herausfin- den, ob sie gut mit Stress und Kritik umge- hen können – denn das ist in unseremBeruf sehr wichtig. Yvonne Held: Wer sich für den Lokaljourna- lismus interessiert, muss für ihn brennen. Ich vermisse bei Jugendlichen, die sagen, dass sie „irgendwas mit Medien“ machen wollen, die Begeisterung für die Menschen. Als Journalist sollte man sich in andere hi- neinversetzen können und bereit sein, sich kritisch mit Themen auseinanderzusetzen. Wer einen Job mit geregelten Arbeitszeiten sucht, der ist im Journalismus falsch. Sophie Beckmann: Probiert es aus! Das ist definitiv mein Rat. Ich denke, dass man nie von Beginn an hundertprozentig wissen kann, in welchem Bereich man arbeiten möchte. Journalismus verbindet ein so breitgefächertes Berufsfeld. Und vor allem rate ich gerade jungen Menschen dazu, die im Journalismus aktiv werden wollen, sich zu trauen. Offene Kommunikation ist das A und O. Was würde t i hr j ungen Mens chen raten , d i e s i ch für e ine Kar r i e re im Journa l i smus inte re s s i e ren? Joachim Gieseke: … wenn man der „norma- len“ Bürgerin und dem „normalen“ Bürger in einer schwierigen Situation durch Be- richterstattung bei der Lösung eines Prob- lems helfen kann. Yvonne Held: … zu wissen, was die Men- schen interessiert. Nachzufragen, zu re- cherchieren, zu kommunizieren und zu interagieren – niemals an den Menschen vorbeizuschreiben. Sophie Beckmann: … nah an den Bürgerin- nen und Bürgern zu sein, ihr Vertrauen zu gewinnen sowie objektiv und aktuell zu be- richten. Jede Stadt hat ihre Geschichte, die nicht immer direkt erkennbar ist. Gute r Loka l j ourna l i smus bedeute t für mi ch . . .

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