75 Jahre WP | Jubiläumsausgabe

Als Corona kam, waren keine Schüt- zenfeste mehr möglich und den Ver- einen brachen Einnahmen weg. Die WESTFALENPOST rief gemeinsam mit Veltins die „WP-Schützenhilfe“ ins Leben. Eine Aktion, die Initiati- ven und Engagement in einer schwie- rigen Zeit belohnte und eine klare Stoßrichtung hatte: „Wir unterstüt- zen die Schützenvereine in unserer Region.“ 10.000 Euro konnten Verei- ne gewinnen, die sich mit ihren Ak- tionen und Ideen beteiligten. Die Fra- gen hießen: Was lassen sich die Verei- ne einfallen, um den Zusammenhalt auch in den Corona-Tagen zu för- dern? Wie werden gemeinsame Ak- tionen unter den komplizierten Rah- menbedingungen durchgeführt? Was wird an den Tagen gemacht, an denen eigentlich Schützenfest wäre? Welche Zukunftskonzepte gibt es für die Zeit nach Corona? Die „WP-Schützenhilfe“ trat 2020 erstmals erfolgreich an die Stelle der „WP-Schützenkönigin“. Die Planung für eine Neuauflage der WP-Schüt- zenhilfe in diesem Jahr läuft auf Hochtouren. SAMSTAG | 26. JUNI 2021 gemeinsam mit Von Jutta Klute Medebach. Wer einmal ein Sauerländer Schützenfest mit allem, was dazu gehört, mitgemacht hat, weiß: Das sind drei Tage Ausnahmezustand für alle, die mitfeiern. Doch wie muss das erst für diejenigen sein, die im Mittelpunkt stehen, also für das Kö- nigspaar? Wir haben mit Jessica Lehwark über ihre Regentschaft gesprochen. Auf- grund der Corona-Pandemie ist sie inMede- bach nun schon Schützenkönigin im drit- ten Amtsjahr. Einmal Schützenkönigin! War das schon immer ihr Wunsch oder kam das 2019 eher überraschend für Sie? Jessica Lehwark: Das war eigentlich über- haupt nicht mein Wunsch - noch nie - und mein Freund Matthias wusste das auch. Doch amAbend vor demVogelschießenhat er sich mit seinem Kumpel spontan über- legt, dass er am nächsten Tag Schützenkö- nig werden möchte. Ich habe das nicht so wirklich ernst genommen. Nachts hat er dann sogar noch mit meinem Vater deswe- gen telefoniert und beim Schützenfrüh- stück vor dem Vogelschießen hat er dann wohl den Entschluss gefasst, ernsthaft mit zu schießen. So ganz überraschend war es also nicht für mich, obwohl ich erst, als ich ihn an der Vogelstange gesehen habe, ge- merkt habe, dass er es ernst damit meint. Was war Ihr erster Gedanke, als der Vogel fiel? Mein erster Gedanke war: Wie komme ich aus der Nummer wieder raus? Ich habe schlagartig geweint aus Überforderung, aber auch vor Freude. Ich hatte sehr ge- mischte Gefühle. Einerseits hatte ich ein wenig Angst davor, andererseits hatte ich schließlich doch mitgefiebert und wäre traurig gewesen, wenn es am Ende nicht ge- klappt hätte. Viel Zeit zum Nachdenken hatte ich dann aber nicht. Nach den Glück- wünschen wurden wir direkt hochgehoben und dann in die Halle getragen. Was ist das für ein Gefühl, wenn man plötzlich so im Mittelpunkt steht? Das ist ein total schönes Gefühl, weil einem als Königin unglaublich viel Freundlichkeit und Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Die Zeit vergeht total schnell und ich habe das ganze Fest richtig genossen. Alle gratulieren, feiern das Königspaar und freu- en sich mit. Aber natürlich ist es auch an- strengend, so imMittelpunkt zu stehen. Ich bin ein Mensch, der sehr gerne lacht und fröhlich ist, aber irgendwann tat mir mein Lächeln fast schon ein bisschen weh. Denkt man vielleicht auch mal: Oh, Gott, hof- fentlich mache ich alles richtig? Woher weiß eine Königin, wie sie sich verhalten muss? Ich bin nicht der Typ, der sich darüber Ge- dankenmacht, ob er alles richtigmacht. Ich habe zum Beispiel bei meinem ersten Auf- tritt die Schärpe falsch herum getragen. Da- bei gibt es sogar einen Königinnen-Koffer mit Schärpe, Königinnen-Krönchen und Anleitung zum Schärpe-Tragen. Eine ganz große Unterstützung waren für mich die Mädels, die mit im Hofstaat waren. An die muss ich ein ganz großes Lob und Danke aussprechen. Die haben alles in die Hand genommen und für mich organisiert. Zwei von ihnen waren selbst schon mal Schüt- zenkönigin und wussten, worauf es an- kommt. Ich musste mir keine Gedanken machen. Darüber war ich sehr froh, denn ich komme aus Dreislar und dort läuft beim Schützenfest einiges anders ab als in Mede- bach. Irgendwie durchläuftman schließlich aber alles ganz automatisch. Was waren die schönsten Momente Ihrer Regentschaft? Ganz klar: Als der Vogel fiel. Sehr emotio- nal war für mich aber auch, als wir bei mei- nemFreund zuHause zumerstenMal abge- holt wurden. Das war der erste Schritt als Königin in die Öffentlichkeit, draußen ha- ben viele Menschen gewartet. Da sind mir ein wenig die Beine wackelig geworden. Auch die Fahrt mit der Kutsche war ein ganz besonderes Erlebnis. Und dann war es natürlich einfach super, zwei Tage lang mit dem Hofstaat durchzufeiern. Was macht für Sie das Besondere der Schützenfeste im Sauerland aus? Drei Tage zusammen zu feiern, viele Leute zu treffen. AndiesenTagenkommenalle zu- sammen. Man trifft Freunde und Bekannte, die man das Jahr vielleicht auch nicht so oft sieht und kann mit jedem mal wieder bei einem Bierchen quatschen. Jeder nimmt sich an diesem Wochenende Zeit, um gut gelaunt das Fest zu genießen. Sie haben bei der WP-Schützenköniginnen- Aktion mitgemacht. Wie haben Sie die Aktion erlebt? Spannend, aber auch ganz schön anstren- gend, schließlich muss man jeden Tag Klicks für sich generieren. Dabei hatte ich mich selbst gar nicht für die Aktion ange- meldet. Meine Schwägerin und Matthias haben mich als Überraschung angemeldet Darüber habe ich mich sehr gefreut, da sie sich viel Mühle mit der Profilerstellung ge- geben haben. Dabei war es mir amEnde gar nicht so wichtig, welchen Platz ich belege. Dabei sein ist schließlich alles. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Amtszeit jetzt ins dritte Jahr verlängert. Wie ist das für Sie und ihren Schützenkönig? Eigentlich hätte ich ja nicht gedacht, über- haupt mal Schützenkönigin zu werden. Deshalb hätte ich jeden erst recht für ver- rückt erklärt, der mir gesagt hätte, dass ich drei Jahre lang Schützenkönigin sein wür- de. Aber da wir aufgrund der Corona-Pan- demie kaum offizielle Auftritte haben, ist das Ganze ja relativ entspannt. Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, dass bald mal wieder richtig Schützenfest gefeiert wird? Natürlich sinddie Schützenfeste für dieVer- eine und die Menschen wichtig, aber mir persönlich ist es wichtiger, jetzt erstmal wie- der in einen normalen Alltag zurück zu kommen, bevor wir wieder an große Veran- staltungen denken können. Solange wir noch mit Maske einkaufen gehen, brau- chenwir nicht an Schützenfeste zu denken. Aber wir wünschen uns natürlich – und hat- ten es uns auch schon für dieses Jahr ge- wünscht – dass nächstes Jahr endlich wie- der richtig gefeiert werden kann. Zur Person: Jessica Lehwark ist amtierende Schützenkönigin der St.-Sebastianus- Schützenbruderschaft Medebach. Sie regiert seit 2019 gemeinsam mit Matthias Schreiber. Alter: 29 Jahre, Beruf: Rechtsanwältin Hobbys: Kochen, Klavierspielen Die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft nahm 2020 an der Aktion „WP-Schützenhilfe“ teil. FOTOS: RALF ROTTMANN (3), RITA MAURER (2), JUTTA KLUTE, ANDRÉ HIRTZ Jessica Lehwark und Matthias Schreiber: Das Schützenkönigspaar aus Medebach ist seit 2019 im Amt. FOTO: RITA MAUERER Das ist ein total schönes Gefühl, weil einem als Königin unglaublich viel Freundlichkeit und Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Jessica Lehwark Schützenkönigin in Medebach Richtig schöne Momente

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