75 Jahre WP | Jubiläumsausgabe
PBX__NRWTZ_45 SAMSTAG | 26. JUNI 2021 DER VERRÜCKTESTE TAG IM LEBEN VON HANS - JÜRGEN SCHMI DT Von Jens Stubbe Hagen. Ein Gespräch, bei dem der 24. April 2020, ein Freitag, der verrückteste Tag im Leben vonHans-Jürgen Schmidt, imMittel- punkt steht. „Es war früh morgens, so um 4 Uhr. Ich war am Hilgenland mit Zeitungen unterwegs“, sagt jener Mann, der leiden- schaftlich gern Motorrad fährt, „da hörte ich plötzlich den Alarm.“ Schmidt blickt hi- nüber auf die andere Seite der Kreuzung, sieht dichten Rauch und denkt zunächst, dass es in der Bäckerei brennt. Dann wählt er den Notruf, aber niemand nimmt ab. Plötzlich ein lauter Knall. Und dem 63-Jäh- rigen wird schlagartig bewusst, dass er Zeu- ge eines spektakulären Bankraubs wird. Wieder die 110, wieder keiner, der ab- nimmt. „Da habe ich nur gedacht: Dumusst was tun“, sagt Schmidt, graue Jogginghose, kariertes Hemd, nippt an seinem Kaffee und lächelt. „Ich bin zu meinem Auto, bin über die Kreuzung direkt auf den Vorplatz der Bank, habe eine vermummte Person im Fluchtauto gesehen, habe noch einmal voll beschleunigt und bin in den Pkw hineinge- rauscht. Ichwollte den Räuber blockieren.“ Dem aber gelingt es trotzdem, sein Fahr- zeug zu starten und loszurasen. Zwei weite- re Täter flüchten zu Fuß. Hans-Jürgen Schmidt nimmt in seinemdemoliertenFord Mondeo die Verfolgung des 400-PS-starken Audis auf. „Ich bin ja nicht so schnell. Aber als er am Kreisverkehr stoppen musste, bin ich ihm noch mal volle Pulle hinten rein.“ Auf der Dortmunder Straße sieht Hans- Jürgen Schmidt Blaulicht im Rückspiegel. Die Polizei verfolgt den Audi, der an der Auffahrt Hagen-Nord in Richtung Köln auf dieA1 fährt und kann das Fahrzeug schließ- lich kurze Zeit später stoppen – allerdings nur, weil der Audi durch die beiden Unfälle so stark beschädigt ist, dass der Täter die Verfolger nicht abschütteln kann. Doch während sich die dramatische Verfolgung auf der Autobahn abspielt, wird Schmidt am Straßenrand an einer Bushaltestelle an- gehalten. Zwei Polizisten fordern ihn auf, mit erhobenen Händen aus seinem Auto auszusteigen. „Die haben im ersten Mo- ment geglaubt, ich gehöre zu der Räuber- bande“, sagt der Zusteller. „Das hat ein biss- chen gebraucht, bis ich das aufklären konn- te.“ Hans-Jürgen Schmidt ist der Held. Sein Mondeo aber hat nur noch Schrottwert. „Ich hatte noch kurze Zeit vorher 1200 Euro in eine neue Kupplung investiert.“ Im- merhin: Die Generali-Versicherung ist ku- lant, kommt in diesem besonderen Fall für den Schaden auf. Und die Deutsche Bank zahlt ihmobendrein eineBelohnung für sei- nen Einsatz. Und Hans-Jürgen Schmidt? Der geht nachwie vor jedenMorgenum3.30Uhr aus demHaus, um imHagener Norden Zeitun- gen zu verteilen. „Man hört die Vögel“, sagt er. Und: „Ich genieße die frische Luft, ich ge- nieße die Ruhe in der Dunkelheit.“ Hans-Jürgen Schmidt rammt mit seinem Ford das Fluchtfahrzeug von Geldautomatensprengern (oben). Sein Wagen hat danach nur noch Schrottwert. WP-Chefredakteur Dr. Jost Lübben lädt den mutigen Zei- tungszusteller auf einen Kaffee und ein Gespräch in die Redaktion ein. FOTOS: ALEX TALASH (2)/MICHAEL KLEINRENSING 3.30 Uhr verteilt er die WESTFALENPOST Jeden Morgen um Anzeige hEppy fahren hEppy laden hEppy sparen
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