Hamburger Abendblatt | Dossier | 1972

25 1972 ein Klebestreifen platziert, offenbar um zu verhindern, dass die Verriegelung einschnappt. Die Tür führt zum Hauptquartier der Demokratischen Partei, im November stehen in den USA wichtige Wahlen an. Wills alarmiert die Polizei. Die Beamten schnappen fünf Einbrecher auf frischer Tat. Doch die Männer sind offenbar nicht gekommen, um etwas zu stehlen. Stattdessen werden sie dabei erwischt, wie sie Abhörvorrichtungen in der Wahlkampfzentrale anbringen wollen. Was an diesem 17. Juni 1972 wie ein kleiner Ganovenfall aussieht, wird sich in den folgenden Monaten zu einem spektakulären Polit-Skandal ausweiten, der weit über den Einbruch in das Watergate-Gebäude hinausreicht. Gut zwei Jahre nach dem Einbruch wird der Republikaner Richard Nixon als erster Präsident in der Geschichte der USA zurücktreten. Kaum einer glaubte den Reportern Wer ist dieser Richard Milhouse Nixon? Sein Aufstieg vom Sohn aus einem einfachen Elternhaus im kalifornischen Yorba Linda bis ins Weiße Haus gleicht dem klassischen amerikanischen Traum. Als junger Mann schafft er es mit eiserner Disziplin an die Universität, wo er sein Jurastudium als Drittbester des Jahrgangs abschließt. Nach Ende des 2. Weltkriegs startet Nixon eine politische Karriere, zieht schon bald ins Repräsentantenhaus ein, später in den Senat. Sein Gespür für geschickte WahlkampfSchachzüge bringt ihm den Beinamen „Tricky Dick“ ein. 1952 wird er Vizepräsident unter Eisenhower, 1960 kandidiert Nixon dann selbst als Präsident, verliert aber hauchdünn gegen John F. Kennedy. Als sich 1968 die Chance bietet, tritt er erneut als Präsidentschaftskandidat an – und gewinnt gegen Hubert Humphrey. „Ich bin kein Schurke“ Richard Nixon Ex-US-Präsident, kurz vor seinem Rücktritt Und Nixons Präsidentschaft strahlt. Die Mondlandung 1969 ist auch für ihn ein Prestige-Erfolg. Seine spektakulären Staatsbesuche in China und Moskau 1972 erhöhen sein Renommee als Staatsmann. Nur der in der Bevölkerung immer unbeliebtere Vietnamkrieg, der für die USA zum Debakel wird, sorgt für große Probleme. In dieser Situation kommt der Einbruch ins Watergate-Gebäude zunächst wie eine Lappalie daher. Doch das wird sich bald ändern. Bob Woodward und Carl Bernstein, zwei junge Reporter der Zeitung Washington Post, werden auf die Geschichte angesetzt. Als sich bei der Gerichtsanhörung der fünf WatergateEinbrecher herausstellt, dass es Verbindungen zur CIA gibt, werden sie hellhörig. Außerdem wundern sich die Journalisten, warum die Einbrecher so elegante Anzüge tragen und warum sie sofort von einem teuren Anwalt rausgehauen werden. Wieso wird bei einem der Männer ein Scheck über 25.000 Dollar gefunden, ausgestellt vom „Komitee zur Wiederwahl des Präsidenten“? Als Anführer des Quintetts identifiziert die Polizei James McCord, einen Ex-CIA-Agenten und Sicherheitschef eben jenes „Komitees für die Wiederwahl des Präsidenten“. Wenig später ermittelt das FBI als Hintermänner des Einbruchs Howard Hunt und Gordon Liddy. Was die Fahnder zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Hunt und Liddy leiten eine vom Weißen Haus aufgebaute geheime Spezialeinheit. Sie deckten den Watergate-Skandal auf: Die Reporter Carl Bernstein (li.) und Robert „Bob“ Woodward. FOTO: GETTY IMAGES / BETTMANN/GETTY IMAGES

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