Berliner Morgenpost | Dossier | Berlin mit dem Rad

Manufakturen für individuelle Räder DIE BESTEN TIPPS UND TOUREN BERLIN MIT DEM RAD Foto: iStock

2 BERLIN MIT DEM RAD BERLIN KOMMT IN FAHRT IMPRESSUM FUNKE Medien Berlin GmbH | Kurfürstendamm 21, 10719 Berlin | Leserservice: Kennwort 3144, 10874 Berlin | Telefon Aboservice: 030-8872 77677 Vertretungsberechtigte Geschäftsführer: Andrea Glock, Simone Kasik, Christoph Rüth, Görge Timmer Verantwortlich für den Inhalt des Hauptheftes: Christine Richter Verantwortlich i. S. v. § 18 Abs. 2 MStV fur dieses Dossier: Torsten Kroop Redaktion: Beatrix Fricke Amtsgericht Charlottenburg HRB 866 B USt.-Idnr. DE 812 997 374 Gestaltung und Umsetzung: FUNKE Redaktions Services Liebe Leserinnen und Leser, Berlin ist auf dem Weg zur Fahrradstadt. Hunderte Kilometer an Radwegen sollen in den nächsten Jahren entstehen. Das sind große Pläne – und die Berliner wie so oft der Zeit voraus. Viele sind schon längst aufs Rad umgestiegen. Ob als Bus- und Bahnersatz, als Lastentransportmittel oder als Sportgerät: Es gibt viele Gründe, die fürs Fahrrad sprechen. Einer davon ist ganz einfach: Radfahren macht Spaß! Kommen Sie mit uns in Fahrt. Mit unseren Feierabendtouren können Sie prima den Alltag hinter sich lassen, auf dem Mauerweg Berliner Geschichte entdecken. Dazu verraten wir Ihnen, wo Sie exquisite Räder kaufen können und wie Sie Ihr Rad am besten vor Dieben schützen. Viel Spaß und gute Fahrt! Weitere Artikel zur Serie und zum Thema Radfahren lesen Sie unter: www.morgenpost.de

3 BERLIN MIT DEM RAD INHALT: DIEBSTAHLSCHUTZ Seite 12 - 15 FEIERABENDTOUREN Seite 4 - 7 AUF DEM MAUERWEG Seite 8 - 11 RAD-MANUFAKTUREN Seite 16 - 18 Foto: iStock

4 BERLIN MIT DEM RAD Die Steglitz-Dahlem-Runde ist eine ideale Feierabendtour, führt sie doch entspannt durch viel Grün und einige der schönsten Berliner Wohnquartiere. Start ist am S-Bahnhof Feuerbachstraße. Wir biegen gleich hinter der Bahnbrücke in die Lauenburger Straße, eine Fahrradstraße inmitten eines gediegenen Viertels. Sie führt auch über den mit einem kleinen Teich hübsch gestalteten Lauenburger Platz. An der Albrechtstraße biegen wir links ab, dann gleich wieder rechts in den Stadtpark Steglitz, eine der beliebtesten Grünanlagen des Bezirks mit Minigolf-Platz, Blumen-Rabatten und einem kleinen See, an dessen Ufer sich viele Enten tummeln. Der Radweg führt anschließend als Paul-SchwarzPromenade lange am Teltowkanal entlang, vorbei am Bäkepark, am CharitéKlinikum Benjamin Franklin und am Schlosspark Lichterfelde, der bis zum Hindenburgdamm reicht. DURCH DEN BERLINER SÜDWESTEN Von Andreas Abel Drei entspannte Feierabendtouren in Berlin. Es geht ins Grüne und durch sehenswerte Kieze FEIERABENDTOUREN SteglitzZehlendorf Teltowkanal Botanischer Garten S-Bhf. Mexikoplatz S-Bhf. Feuerbachstr. Dahlemer Weg Baseler Str. Fabeckstr. Unter den Eichen S-Bhf. Rathaus Steglitz S-Bhf. Lichterfelde Ost Domäne Dahlem Grunewald Die Steglitz-Dahlem-Tour Karte: bar Ein Abstecher in den kleinen Park zum Gutshaus Lichterfelde lohnt sich. Gleich dahinter folgt der umstrittene „Mäusebunker“, eine Forschungseinrichtung der Charité und früher das Zentrale Tierlaboratorium der Freien Universität (FU). Schräg gegenüber, am anderen Kanalufer, erhebt sich das Kraftwerk Lichterfelde. Wem das alles zu viele Bauten sind, der kann den Blick auf den Kanal und die üppigen Bäume am Ufer richten. Weiter geht es auf dem Uferweg bis zur Wismarer Straße, wo eine Infotafel über das KZ-Außenlager Lichterfelde informiert, das dort von 1942 bis zum April 1945 existierte. Wir biegen rechts in die Wismarer Straße und folgen dem Straßenverlauf bis zur Baseler Straße, durch die wir bis zu ihrem Ende am architektonisch interessanten Bahnhof Lichterfelde West fahren. Jenseits der Finckensteinallee folgt ein kurzes Teilstück mit Kopfsteinpflaster. Die in diesem Teil Lichterfeldes besonders prächtigen Villen und Hausgärten machen den kleinen Makel indes mehr als wett. An der Curtiusstraße überqueren wir die Drakestraße und fahren durch den Gardeschützenweg, dann links in den Tietzenweg, der in die Fabeckstraße übergeht. Hier dominiert der Campus der FU. Hinter dem Trog der U-Bahnlinie 3 biegen wir rechts in die Brümmerstraße zum reetgedeckten U-Bahnhof Dahlem Dorf. In der Nähe gibt es gute Einkehrmöglichkeiten. Unsere Route folgt dem breiten Radweg neben der Domäne Dahlem. Am U-Bahnhof Podbielskiallee geht es in die Schorlemerallee, dann rechts in die Englerallee. Es geht vorbei am hübschen Gustav-Mahler-Platz bis zum Eingang des Botanischen Gartens. Wir biegen links in die Königin-Luise-Straße und folgen dem Straßenverlauf bis zum Bahnhof Rathaus Steglitz neben dem Kreisel, Endpunkt der Tour. IN KÜRZE Start: S-Bhf. Feuerbachstraße Ziel: Bahnhof Rathaus Steglitz Dauer: 90 Minuten Länge: 16 Kilometer Gastronomie: Café in der Schwartzschen Villa, Grunewaldstr. 54, täglich 10–0 Uhr. mosaik-berlin.de Schwierigkeitsgrad: leicht Sehenswürdigkeit: Domäne Dahlem, Botanischer Garten ÖPNV: Rathaus Steglitz (S1, U9), Feuerbachstraße (S1) Grafik: BM Infografik

5 Bahnhof Spandau Falkenseer Chaussee Schönwalder Str. Brunsbütteler Damm Seegefelder Weg An d. Kappe Freiheit Spekteweg Zitadelle Eiswerder Kolk Spektepark Havel Spektelake Großer Spektesee Spandau Die Spandau-Runde Karte: bar IN KÜRZE Start & Ziel: Rathaus/Bahnhof Spandau Dauer: 80 Minuten Länge: 15 Kilometer Gastronomie: Café und Bistro „Charlotte“, Charlottenstraße 14a, geöffnet täglich 9 bis 1 Uhr. cbb-charlotte.de Schwierigkeitsgrad: leicht Sehenswürdigkeit: Zitadelle Spandau, historische Siedlung Behnitz und Kolk ÖPNV: Bahnhof Spandau (S3, S9), U-Bhf. Rathaus Spandau (U7) Die kurze Spandau-Runde ist eine angenehme, leichte Tour, die den Besuch von Sehenswürdigkeiten, Kiezerkundung und das Durchatmen im Grünen vereint. Sie beginnt am imposanten Rathaus des Bezirks. An dessen Rückseite entlang geht es über Stabholzgarten und Mauerstraße zum Lindenufer. Der Uferweg heißt Sternbergpromenade, eine große Tafel informiert über die namensgebende jüdische Familie. Bald kommt die Mündung der Spree in die Havel in den Blick, am gegenüberliegenden Ufer stehen noch alte Lagerhallen aus Backstein, im Hintergrund ragt das Kraftwerk Reuter empor. Wir verlassen die Uferpromenade an der Hertefeldstraße und biegen nach rechts auf die Straße Am Juliusturm bis zur Zitadellenbrücke. Es ist nicht möglich, die alte Festung zu umrunden. Aber es lohnt sich, eine Schleife in Richtung Freilichtbühne zu fahren, um das Spandauer Wahrzeichen aus dem 16. Jahrhundert eingehend zu betrachten. Über die Straße Am Juliusturm, nun in westlicher Richtung, geht es bis zum Hohen Steinweg. Dort lohnt ein kurzer Abstecher zum Behnitz, dem ältesten Spandauer Siedlungsgebiet mit guterhaltenen Fachwerkhäusern. Über den Mühlengraben gelangen wir zum Brauhaus Spandau und zum Wröhmännerpark, der entlang der Havel EINE KURZE TOUR DURCH SPANDAU angelegt wurde – ein empfehlenswerter Ort für eine Rast, ob beim Bier oder „einfach so“ auf der Parkbank. Nach der Runde durch den Park geht es ein kurzes Stück durch den abwechslungsreichen Ortsteil Spandau, über Neuendorfer Straße, Falkenseer Platz und Falkenseer Damm zur Flankenschanze, dann weiter über Askanierring, Borchertweg und Hohenzollernring zum Spekteweg. Nun beginnt der „Natur-Teil“ unserer Tour. Der Spekte-Grünzug ist zwar nur 200 bis 500 Meter breit, aber insgesamt über sechs Kilometer lang und führt bis nach Falkensee. Und er ist wunderbar ruhig und nicht überlaufen. Wir durchfahren zuerst die Spekteniederung, überqueren die Zeppelinstraße und gelangen schließlich an die Gleise der Bötzowbahn. Dahinter beginnt der Spektepark mit dem Großen Spektesee und dem Kletterfelsen an dessen Ufer. Ein Parkweg wird derzeit saniert, es ist aber möglich, durch den Park zu fahren – immer am See entlang, dessen Ufer teilweise dicht mit Schilf bewachsen ist. Jenseits des Sees wird der Grünzug etwas schmaler und führt an der Spektelake entlang. Etwa in der Mitte überspannt eine Holzbrücke das Gewässer. Hier sollte man auf jeden Fall einmal absteigen, den Blick über den Grünzug genießen und sich ein paar stille Augenblicke gönnen. So fern ist man der nahen Großstadt selten. Wer mag, kann noch weiterfahren bis nach Falkensee, wir kehren indes am Nordufer der Spektelake um und fahren zurück durch den Spektegrünzug. Die Route entspricht in weiten Teilen dem Hinweg, was aber angesichts der stets anderen Ausblicke kein Makel ist. An der Borkzeile verlassen wir den Grünzug und biegen gleich hinter der Askanier-Grundschule links in den Radweg. Er führt zum Münsingerpark, von dem aus bereits das Rathaus zu sehen ist. Am Bahnhof Spandau endet unsere Tour. Kolk mit ihren alten Häusern im ältesten Siedlungsgebiet des Berliner Stadtteils Spandau. BERLIN MIT DEM RAD Foto: iStock Grafik: BM Infografik

6 Mit Schwung entlang des Spreeufers in Treptow. Bei Bremsen und Reifen wird die Entwicklung bestehender Technik weiter vorangetrieben. Im Bereich Bremsen sind die Felgen- und Rücktrittbremsen weiter verbessert worden, bei Markenrädern sind hydraulische Felgenbremsen von Shimano bis Rohloff inzwischen die Norm. Stark im Kommen ist bei höherpreisigen Rädern in den vergangenen drei bis vier Jahren der Einbau von Scheibenbremsen. Insbesondere bei E-Bikes gehören die gelochten, hydraulischen Scheibenbremsen vorn und hinten mittlerweile zum Standard. Bei den Reifen TECHNIK-TIPPS zählt der fast unplattbare Marathon-Plus des Herstellers Schwalbe zu den besten und beliebtesten Angeboten. Eine neue Entwicklung desselben Herstellers sind robustere Schläuche wie der Air Plus mit höherer Wandstärke. Eine weitere Neuheit von Schwalbe ist ein leichter und noch pannensicherer Schlauch für Rennräder, BTM und Trekkingbikes aus dem Kunststoff Aerothan. Der liegt im Preis allerdings knapp beim Dreifachen des Air Plus. Einen ähnlichen Schlauch speziell für Gravel Bikes gibt es von Tubolito. fmr Foto: Maurizio Gambarini/Funke Foto Service, Grafik: BM Infografik

7 Die Tour von Treptow zum Schloss Köpenick ist sehr erholsam, führt sie doch vor allem ins Grüne. Startpunkt ist der S-Bahnhof Treptower Park. Wir biegen rechts auf die Uferpromenade ein. Der Weg ist breit, sehr gut zu befahren und verläuft direkt neben der Spree. Auf dem Wasser liegt oder fährt die Ausflugsflotte, rechts erstreckt sich der schöne Treptower Park. Ein kleiner Abstecher durch den Park, etwa zum Rosengarten oder zum Karpfenteich, lohnt sich. Zurück auf unserem Tourenweg am Ufer passieren wir die Traditionsgaststätte „Zenner“ und die Abteibrücke, die zur Insel der Jugend führt. Rechts löst das satte Grün des Plänterwalds den Treptower Park ab. Zu sehen sind einige Überbleibsel des alten „Spreeparks“, der derzeit revitalisiert wird, und das „Eierhäuschen“, das im kommenden Jahr nach Sanierung wieder öffnen soll. Wir erreichen den Anleger der BVGFähre F11, mit der man nach WilhelmERST WASSER, DANN WALD – UND AM ENDE EIN SCHLOSS TreptowKöpenick Wuhlheide MarzahnHellersdorf Lichtenberg Spree Köpenicker Landstr. An d. Wuhlheide Oberspreestr. Eichgestell S-Bhf. Treptower Park Schloss Köpenick Karpfenteich MinnaTodenhagenBrücke Köpenick Lindenstr. Vom Treptower Park nach Köpenick Karte: bar strand, ans andere Spreeufer, gelangen kann. Wir machen uns aber von Fahrplänen unabhängig und überqueren die Spree auf der im Dezember 2017 eröffneten Minna-Todenhagen-Brücke. Dazu fahren wir kurz hinter dem Fähranleger rechts in die Baumschulenstraße, dann links in die Köpenicker Landstraße. Am Ende der Minna-Todenhagen-Straße biegen wir links in die Rummelsburger Landstraße und bald rechts in die Straße Am Walde, die uns in die Wuhlheide führt. Noch ein paar Meter geradeaus, dann ist der Radweg (Hegemeisterweg) ausgeschildert, auf den wir nach rechts einbiegen. Um uns herum nur Wald und Ruhe. Wir überqueren die Treskowallee, fahren geradeaus weiter, nun öffnet sich die Landschaft. Rechts stehen Reichstagsgebäude, Grunewaldturm und Gedächtniskirche – natürlich nur en miniature, im Modellpark Berlin. Hinter dem Modellpark biegen wir rechts ab und gleich darauf wieder links, ins Eichgestell. Links liegen die Parkbühne Wuhlheide und das FEZ. Hinter dem Parkplatz des Jugendtreffs führt der Weg rechts in die Straße zum FEZ und bald darauf links in die große Straße An der Wuhlheide. Wir passieren das Stadion An der Alten Försterei und das Skaterzentrum Mellowpark. Hinter der Dammbrücke beginnt die schöne Altstadt Köpenick, für die man sich etwas Zeit nehmen sollte – entweder in langsamer Fahrt über Kopfsteinpflaster durch die historischen Gassen oder zu Fuß. Über Freiheit, Lüders-, Jäger-, Rosen- und Kirchstraße gelangen wir zur Straße Alt-Köpenick, die uns zur Schlossinsel führt. Das Barockschloss beherbergt ein Kunstgewerbemuseum, der kleine Schlosspark (Fahrradfahren nicht erlaubt) bietet einen fantastischen Ausblick auf die Dahme. Über Alt-Köpenick, Linden- und Bahnhofstraße fahren wir zum S-Bahnhof Köpenick und steigen dort in den Zug. IN KÜRZE Start: S-Bhf. Treptower Park Ziel: Schloss Köpenick Dauer: 90 Minuten Länge: 15 Kilometer Gastronomie: Brauhaus auf dem Schloßplatz, geöffnet 12 bis 2 Uhr, Mo. und Mi. ab 15 Uhr. Tel. 42 09 68 76; „Mutter Lustig“, Müggelheimer Str. 1, geöffnet Mi.–Fr., 12 bis 22 Uhr, Sbd. und So., 9 bis 22 Uhr. mutter-lustig.berlin Schwierigkeitsgrad: leicht Sehenswürdigkeit: Abteibrücke und Insel der Jugend, Schlossinsel Köpenick mit Barockschloss (Kunstgewerbemuseum) ÖPNV: S-Bhf. Treptower Park (Ringbahn S41/42, S 8, 9, 85), S-Bhf. Köpenick (S3) BERLIN MIT DEM RAD Grafik: BM Infografik

8 BERLIN MIT DEM RAD Das Überraschendste am Mauerweg ist heute vor allem, wie schnell man aus der lauten Stadtmitte ins Grüne und Stille kommt. Selbst wer den gut 160 Kilometer langen Weg rund um das einstige West-Berlin kennt, wundert sich. Eben noch hat man sich durch den brüllenden Verkehr in Kreuzberg, Neukölln oder Treptow gekämpft, ist über Kopfsteinpflaster geholpert, hat sich durch das Innenstadt-Chaos aus Rädern, Bussen und Menschen geBERLINER GESCHICHTE ZUM ABFAHREN Von Uta Keseling AUF DEM MAUERWEG Auf dem Mauerweg von Neukölln über Rudow nach Lichtenrade – die Großstadt immer im Blick Die Späthbrücke am Teltowkanal endet seit dem Mauerbau im Nichts, heute ist hier der Mauerradweg. Foto: Sergej Glanze / FUNKE Foto Service, Uta Keseling

9 BERLIN MIT DEM RAD drängt – nun duftet es nach blühenden Obstbäumen. Sie stehen in Kleingärten an der Kiefholzstraße in Neukölln an der Grenze zu Treptow. Auf einem breiten, frisch geteerten Fahrradweg gleitet man hier auf einer Brücke über die Riesenbaustelle der A100 hinweg. An einem Mauerdenkmal geht es rechts in den Grünzug am „Nördlichen Heidekampgraben“. Der Lärm verstummt, am Horizont türmen sich die Neuköllner Wohngebirge aus Mauerzeiten – und neben einem plätschert besagter Graben als beschaulicher Bach. Ab hier geht die Fahrt eigentlich nur noch durchs Grüne. Auch wenn die Großstadt gleichzeitig immer in Sichtweite bleibt. Die Versuchung ist groß, das 30 Kilometer lange Teilstück des Mauerwegs einfach sportlich anzugehen. Gut fahrbare, breite und kilometerlange Strecken, auf denen sich Radfahrer, Fußgänger, Hunde, Kinder, Roller- und Skaterfahrer gut ausweichen können, gibt es in der Berliner Innenstadt ja bisher noch nicht allzu viele. Auch wenn die Politik mehr verspricht. In der Tat waren es Naturschützer und passionierte Fahrradfahrer um den Grünen-Politiker Michael Cramer, die sich nach dem Mauerfall dafür einSpree Teltowkanal ehem. Grenzübergang Waltersdorfer Chaussee ehemaliger Grenzübergang Sonnenallee Südpark Landschaftspark RudowAltglienicke Mauerreste Neukölln Rudow Lichtenrade Schönefeld Grossziethen Kreuzberg Adlershof Treptow Lohmühlenbrücke Kiefholzstr. Mauerradweg Mauerdenkmal B96 Chris-GueffroyGedenkort Auf dem Mauerradweg Karte: cs IN KÜRZE Start: Lohmühlenbrücke (Neukölln) Ziel: Mauerfall-Denkmal Kirchhainer Damm (Lichtenrade) Länge: ca. 32 Kilometer Fahrtzeit: ca. 2,5 Stunden Schwierigkeit: mittel, kaum Steigungen, ausgeschildert Einkehr: Imbiss „Am Ziel“, Am Klarpfuhl 39, 12355 Berlin ÖPNV: S-Bhf. Treptower Park (S41/42, S8, S9, S85), S-Bhf. Lichtenrade (S2) Karl Möller, hier unterwegs mit seiner Frau Elfriede, war einst Grenzsoldat bei Berlin. setzten, den einstigen Grenzstreifen rund um West-Berlin zu erschließen – als Erholungsort, für den Naturschutz und als Denkmal. Denn der Mauerweg ist auch 32 Jahre nach dem Ende der Teilung ein historischer Ort. Entlang der Strecke berichten heute zahlreiche Stelen in Fotos und Texten über die Schicksale der Maueropfer. Menschen, die die Freiheit wollten und dafür getötet wurden. Die DDR leugnete und verheimlichte Fluchtversuche und Opfer. Mindestens 140 Menschen fielen dem Grenzregime an der West-Berliner Grenze zwischen 1961 und 1989 zum Opfer, die genaue Zahl ist bis heute nicht klar. Als Grenzsoldat nahe Rudow: „Es galt der Schießbefehl“ So trifft man auf dem Mauerweg nicht ausschließlich Sportler und Naturfreunde. An der Sonnenallee, wo zu Mauerzeiten ein Grenzkontrollpunkt stand, stoppen an diesem Tag Karl Möller und seine Frau Elfriede an einer Schautafel und zwei Fernrohren, wie man sie von Berggipfeln kennt. Sie sollen vielleicht an die Zeiten erinnern, als es im Westteil an der Mauer Aussichtsplattformen gab, von denen man nach „drüben“ schauen konnte. Auf Wachtürme, Streckmetallzaun, Militärfahrzeuge und Soldaten. „Zurückschauen oder gar Kontakt aufnehmen durfte man als Grenzsoldat nicht“ erinnert sich Karl Möller. Das Paar kommt aus Geisa (Rhön) an der einstigen Grenze von Thüringen und Hessen. Die Fahrradtour auf dem Mauerweg hat ein Ziel: „Ich will sehen, was noch von damals übrig ist“, sagt Karl Möller. Denn er war einst selbst als Grenzsoldat hier, „in der Nähe von Schönefeld, an der Grenze zu Rudow“. Grafik: BM Infografik

10 BERLIN MIT DEM RAD Mit 20 Jahren, sagt Möller, sei er 1975 zum Wehrdienst an der Berliner Mauer eingesetzt worden. Ein halbes Jahr schob er Wache, „immer mit durchgeladenem Gewehr. Wir erfuhren erst kurz vor dem Einsatz, wo genau wir patrouillieren sollten.“ Zum Glück, sagt Möller, habe es in seiner Zeit keine Fluchtversuche gegeben. „Es galt der Schießbefehl. Ich weiß nicht, was ich getan hätte.“ An Point Alpha in Möllers Heimatstadt Geisa erinnert heute eine Ausstellung an Teilung und Kalten Krieg. Am Mauerweg muss man genauer hinschauen. Nach dem 9. November 1989 wollten viele Berliner die Relikte des DDR-Regimes möglichst schnell beseitigen. „Mauerpicker“ hackten zu Tausenden Stücke aus dem Beton, nicht selten, um sie teuer weiterzuverkaufen. Es dauerte, bis sich Berlin auf die historische Bedeutung besann. Von 2002 bis 2006 wurde der Mauerweg ausgebaut, nach und nach kamen Schilder und die Stelen. „Wir erfuhren erst kurz vor dem Einsatz, wo genau wir patrouillieren sollten.“ Karl Möller, ehemaliger Grenzsoldat Erst seit 2003 steht am Britzer Verbindungskanal auch ein Denkmal für Chris Gueffroy, auch eine Straße ist nach ihm benannt. Der damals 20-Jährige war das letzte Opfer, das im Februar 1989 die Flucht an der Mauer mit dem Leben bezahlte. Er sollte zum Wehrdienst eingezogen werden, sein Traum war Amerika. Gueffroy und ein Freund planten ihre Flucht, nachdem sie Ende 1988 gehört hatten, der Schießbefehl an der Mauer sei ausgesetzt. Ein tragischer Irrtum. Der Mauerweg führt als breiter Radweg zwischen Teltowkanal und Autobahn A113 bis Adlershof. Am Wasser hat der Biber Spuren hinterlassen – abgenagte und teils massenhaft gefällte Stämme zeugen davon, dass die einst seltenen Wasserfreunde sich in Berlin heute wohl fühlen. Die verrostete Späth-Brücke führte ins Nichts, seit Berlin 1961 geteilt wurde. In Adlershof ist kurz Aufmerksamkeit gefragt. Der Mauerweg ist gut ausgeschildert, doch die kleinen, grauen Hinweise sind manchmal schnell übersehen. Unter der Autobahn-Überführung am ErnstRuska-Ufer verläuft der Weg erst auf die andere Straßenseite zu weiteren Stelen, dann unter der Brücke nach oben und auf einer Querung entlang der Autobahnbrücke wieder zur anderen Seite. Wer den Weg findet, wird belohnt. Wenig später steht im Grünen ein Stück „Hinterlandmauer“ hinter solidem Eisendrahtzaun. Mauerpicker gibt es bis heute. Weiter geht es durch eine nur auf den ersten Blick „natürliche“ Landschaft. Ein kleiner Park ist in Wirklichkeit der „Deckel“ des Autobahntunnels. Dahinter ragen die Hochhäuser von Schönefeld auf, man sieht am BER Flugzeuge starten und landen. Auf den Feldern zur Rechten weideten zu Mauerzeiten die letzten Milchkühe von West-Berlin. Heute stehen an den sumpfigen Wasserlöchern im Sommer Wasserbüffel – ein schönes Schauspiel. Wer jetzt eine Pause braucht, kann schauen, ob der Imbiss „Am Ziel“ (Am Klarpfuhl 39, 12355 Berlin) geöffnet hat – so ziemlich die einzige Einkehr-Station direkt am Mauerweg. Eröffnet haben ihn Anwohner, die zu Mauerzeiten einen Swimmingpool an der Mauer hatten. Als aus dem Grenzstreifen ein Ausflugsziel wurde, bauten sie um. An der Waltersdorfer Chaussee passiert man einen weiteren ehemaligen Grenzkontrollpunkt. Hier weiden heute Tiere auf dem „Stadtrandhof“. Als Ausflugsziel eignet sich der „Dörferblick“ in Rudow. Entstanden als Trümmerberg, bot er mit knapp 86 Metern Höhe schon zu Mauerzeiten Weitblick bis zum damaligen Flughafen Schönefeld. Ab hier geht es an der „Stadtkante“ entlang. Rechts die Hochhäuser von Rudow, Buckow und Lichtenrade, links Felder. Noch jedenfalls, denn im

11 BERLIN MIT DEM RAD Speckgürtel wird besonders viel gebaut. Der einst künstlich kahl gehaltene Todesstreifen selbst ist zugewachsen mit Birkenwäldchen, Gebüsch und Wiesen. In Buckow eine Kuriosität: Zwei Straßen haben unterschiedliche Namen auf der jeweiligen Straßenseite: Die Grenzstraße in Großziethen heißt auf der Buckower Seite erst Ringslebenstraße, dann Stuthirtenweg. Vor Lichtenrade wird derzeit am Lückenschluss der Dresdner Bahn gebaut. Eine Umleitung ist ausgeschildert, ab 2024 soll ein Tunnel auch die Lücke im Mauerweg schließen. Das letzte Stück bis zum Mauerfall-Denkmal an der B96 (Kirchhainer Damm) nach Lichtenrade ist nicht geteert. Und wer vorhatte, mit der S-Bahn S2 ab Lichtenrade zurück in die Stadt zu fahren, wird möglicherweise enttäuscht: Wegen der Bauarbeiten gibt es hier derzeit phasenweise nur einen Schienenersatzverkehr mit Bussen. Ohne Helm sollten sich Radfahrer nicht in den Berliner Verkehr trauen. Doch gerade in der Stadt hat sich der Kopfschutz mittlerweile für einige Radler zum modischen Accessoire entwickelt. In schrillen Farben und mit Formen von der Melone bis zu Rennhelmen ist alles möglich. Mehr als ein Dutzend verschiedene Kategorien sind im Angebot, vom Baby-Fahrradhelm über solche speziell für Kinder, Frauen und Männer, solche mit Kinnschutz für BMX bis zu Airbag-Helmen. Die Preise variieren zwischen Sonderangeboten von knapp 30 Euro über gehobene Mittelklasse um 80 Euro bis zu Premiummodellen über 200 Euro. Wichtig sind genaue Passform, leicht verstellbare Riemen unter dem Kinn und im Helmnacken sowie eine gute Belüftung. Bei der Anprobe sollte auch auf das Gewicht geachtet werden, mehr als pfundschwere Helme können zu Nackenverspannung und -schmerzen führen. Viele Hersteller bieten mittlerweile Helme mit Beleuchtung an, dabei ist eine gute Funktionalität beim Batteriewechsel wichtig. fmr HELM MUSS SEIN Foto: iStock Foto: iStock

12 BERLIN MIT DEM RAD GELEGENHEIT MACHT DIEBE DIEBSTAHLSCHUTZ Tausende Räder werden jedes Jahr in Berlin gestohlen. Tipps für den wirksamen Schutz Ihres Eigentums Trauriges Überbleibsel: Ein zurückgelassenes Hinterrad von einem Fahrrad Foto: dpa DIE GROSSE FAHRRADSERI IN DER BERLINER MORGENPOS BERLIN BERLIN DIE GROSSE FAHRRADSERI IN DER BERLINER MORGENPOS BERLIN BERLIN

13 BERLIN MIT DEM RAD „Nur mal schnell für eine Minute zum Bäcker rein – da wird schon nichts passieren.“ Gedanken wie diesen hatte wohl jeder schon einmal, während er den Schlüssel zum Fahrradschloss in der Tasche stecken ließ. Nicht selten folgt dann die böse Überraschung. Denn Fahrraddiebe nutzen jede Gelegenheit, die sich ihnen bietet. Und kaum eine ist verlockender als ein nicht angeschlossenes Fahrrad, das fernab der Blicke seines Besitzers an einer Hauswand lehnt. Springt der Dieb auf und fährt weg, holt man ihn zu Fuß kaum wieder ein. Daher gilt grundsätzlich, das Rad immer und überall zu sichern, wo man es aus den Augen lassen muss – selbst wenn es nur wenige Minuten sind. Zwar gebe es keine absolute Sicherheit, sagt Roland Huhn, Experte für den Schutz vor Fahrraddiebstahl beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Schließlich könne man mit dem passenden Werkzeug auch Tresore aufschneiden. „Aber Schlösser machen es den Dieben schwer, denn sie kosten Zeit.“ Zum Schneidbrenner oder Trennschleifer würde ein Krimineller in der Öffentlichkeit kaum greifen. Daher empfiehlt sich auch, das Rad möglichst sichtbar und nicht in dunklen Ecken abzustellen. Voraussetzung ist allerdings, dass das Rad nicht bloß ab-, sondern auch irgendwo angeschlossen ist. Andernfalls kann es leicht weggetragen oder auf einen Transporter aufgeladen werden, sodass der Dieb das Schloss in der heimischen Werkstatt in aller Ruhe außerhalb der Augen der Öffentlichkeit knacken kann. Huhn weist darauf hin, dass man es an einen fest mit dem Boden verankerten Gegenstand wie einen Fahrradständer oder eine Laterne ketten sollte. „Superteures Schloss und dann am Maschendrahtzaun angeschlossen – da lacht der Dieb nur drüber“, so der ADFC-Experte. Schloss sollte zehn Prozent des Fahrrad-Neupreises kosten Wer beim Fahrradschloss zu sehr auf den Preis und weniger auf Qualität achtet, ist meist schlecht beraten. „Günstige Schnäppchen können sich rächen“, heißt es von der Berliner Polizei. „Nicht jedes stabil und wehrhaft wirkende Schloss ist auch tatsächlich geeignet.“ Die Polizei verweist dabei auf die Empfehlungen des „VdS Schadensverhütung“ – dem zum Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft gehörenden „Verband der Sachversicherer“. Demnach muss ein gutes und vor allem passendes Schloss kein Vermögen kosten. Als Faustregel empfiehlt der VdS, zwischen fünf und zehn Prozent des Preises auszugeben, den das Rad in neuwertigem Zustand kostet. ADFCExperte Huhn schränkt jedoch ein: Bei einem gebrauchten Fahrrad für 100 Euro wären fünf bis zehn Euro sicherlich zu wenig. „Und für ein Pedelec für 3000 Euro bekommt man schlicht kein Schloss, das 300 Euro kostet. Hier empfehlen sich dann vielleicht zwei.“ Von Philipp Siebert Der Preis allein sagt jedoch nicht unbedingt alles über die Qualität hinsichtlich von Funktionssicherheit, Zuverlässigkeit und Witterungsbeständigkeit aus. Orientierungshilfe bieten dabei unabhängige Prüfungen. Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) empfiehlt neben den Tests der VdS die der Stiftung Warentest, die regelmäßig durchgeführt und veröffentlicht werden. Neben geprüfter Qualität sollte man auf massive Schließsysteme und das Material achten – bestenfalls durchgehärteten Spezialstahl. Von Spiral-, Kabel- oder Panzerkabelschlössern sollte man eher die Finger lassen, sagt ADFC-Experte Huhn. „Diese ganz flexiblen Schlösser bieten in der Regel nicht ausreichend Sicherheit und taugen bestenfalls dazu, etwa das Vorderrad extra zu sichern.“ Besser seien Bügel- und Kettenschlösser. „Auch dicke Faltschlösser sind in der Regel relativ sicher, die Gelenke können jedoch Schwachstellen sein.“ Klar sei, je weniger flexibel das Schloss, umso höher die Sicherheit, so Huhn weiter. „Das Leben steckt halt voller Kompromisse.“ Bereits länger gibt es Alarmanlagen auch für Fahrräder, die zumeist bei Bewegung auslösen. Sie nützen jedoch nur bedingt – vor allem dann, wenn man nicht in der Nähe ist. Sinnvoller ist in diesem Zusammenhang ein GPSTracker, der sich leicht am Rücklicht oder beim Pedelec unter der Motorabdeckung verstecken lässt. Das verhindert zwar nicht den Diebstahl, erleichtert aber das Wiederfinden. Die Polizei empfiehlt darüber hinaus, sich in jedem Fall die Rahmennummer zu notieren oder abzufotografieren. Bei einem neuen Rad steht sie meist auch auf der Rechnung, die man in jedem Fall aufheben sollte. Foto: iStock Der Experte sagt: „Von Spiral-, Kabel- oder Panzerkabelschlössern sollte man eher die Finger lassen. Je weniger flexibel das Schloss, umso höher die Sicherheit.“

14 BERLIN MIT DEM RAD Die Berliner Polizei bietet ferner die kostenlose Registrierung an. Dabei werden etwa Hersteller, Farbe und Rahmennummer des Fahrrads sowie die Daten des Besitzers gespeichert. Wird es gestohlen, „kann es bei Auffinden leicht zugeordnet werden“, heißt es. Termine zur Registrierung sind mit Ort auf der Internetseite der Berliner Polizei einsehbar. Außerdem wird deutlich sichtbar ein Aufkleber angebracht. Die polizeiliche Registrierung sei durchaus sinnvoll und der Aufkleber könne abschreckend auf Diebe wirken, sagt ADFC-Experte Huhn. Dennoch kann die Polizei erst tätig werden, wenn nach einem Diebstahl Anzeige erstattet und der Verlust entsprechend in der Datenbank vermerkt wurde. „Wir empfehlen daher alternativ oder zusätzlich eine Codierung, bei der die Nummer in den Rahmen graviert wird.“ Das erschwert den Weiterverkauf. Anhand dieses individuellen Codes, bestehend unter anderem aus Initialen und Anschrift, können ferner auch Räder, die noch nicht als gestohlen gemeldet wurden, etwa auf dem Flohmarkt identifiziert werden. Auch wenn eine Anzeige bei der Polizei in den meisten Fällen nicht dazu führt, dass man sein Rad zurückbekommt, ist sie Voraussetzung dafür, dass die Versicherung zahlt. Für den Einbruchdiebstahl aus den eigenen vier Wänden oder aus dem Keller kommt dabei meist die Hausratversicherung auf. „Man sollte aber überprüfen, in welcher Höhe das Rad mitversichert ist und ob dessen Kosten damit gedeckt sind“, sagt Anett Fajerski, Versicherungsberaterin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB). In der Regel seien es zwischen einem bis zehn Prozent des versicherten Hausratswerts – also bei 50.000 Euro zwischen 500 und 5000 Euro. Manchmal werden diese Summen durch feste Höchstbeträge beschränkt. Versicherungskosten sind in der Stadt meist höher Manche Hausratversicherungen zahlen nur beim Einbruchdiebstahl, andere auch dann, wenn das Rad auf der Straße gestohlen wird. Sollte dem nicht so sein, wird das meist als Zusatzversicherung angeboten. Man kann allerdings auch unabhängig davon eine Fahrradversicherung abschließen. Die Kosten schlagen laut VZB-Expertin Fajerski mit jährlich zwischen 30 und 150 Euro zu Buche und seien neben der Versicherungssumme nicht zuletzt auch vom Ort und der Diebstahlswahrscheinlichkeit abhängig. Die ist in Berlin deutlich höher als auf dem Land.Mehrere kommerzielle wie nicht kommerzielle Anbieter stellen entsprechende Tarifvergleiche bereit. Auch Fajerski verweist dabei auf die Stiftung Warentest, die sich dem Thema erst im vergangenen Jahr widmete. Dabei sollte man nicht nur auf den Preis schauen. „Man sollte etwa schauen, ob es eine Selbstbeteiligung gibt und ob der Zeit- oder der Neuwert erstattet wird“, so Fajerski. Wer sein Rad mit in den Urlaub nehmen will, könne ferner prüfen, ob der Versicherungsschutz auch im Ausland gilt. Manche Versicherungen decken außerdem den Diebstahl bestimmter Teile wie Vorderrad und Sattel oder Vandalismus, Unfallschäden sowie Pannenhilfe ab. Wichtig sei allerdings, dass man sich an die sogenannten Obliegenheiten hält – also die Bedingungen, die zu erfüllen sind, damit die Versicherung nach Diebstahl auch zahlt, so die VZBExpertin weiter. Eine davon sei etwa, dass die Anzeige bei der Polizei unverzüglich erfolgt und nicht erst mehrere Tage oder Wochen später. Obligatorisch sei außerdem, dass das Rad immer angeschlossen wird. „Manche Versicherungen geben auch spezielle Fahrradschlösser vor“, sagt Fajerski. Je teurer das Rad ist, umso mehr lohne sich der Blick in die Vertragsbedingungen. Wichtig: Versicherer benötigen Unterlagen zu dem versicherten Rad. Aus diesen müssen der Hersteller, die Marke sowie die Rahmennummer hervorgehen. Sonst gibt es kein Geld. Grafik: BM Infografik

15 BERLIN MIT DEM RAD Kaum etwas ist ärgerlicher, als in den Keller zu kommen oder ein Geschäft zu verlassen und das Fahrrad ist weg. Selbst bei ausreichendem Versicherungsschutz kommt jetzt erstmal Papierkram auf einen zu. Und vielleicht hat man das Gefährt ja liebgewonnen. Dann ist der einzige Trost womöglich, dass jedes Jahr Tausende dieses Schicksal teilen. Denn Zweiräder sind beliebtes Diebesgut. In Berlin wurden im vergangenen Jahr 25.438 Fälle erfasst – etwas weniger als ein Jahr zuvor (27.588). Hochgerechnet auf 100.000 Einwohnende schlugen die Diebe 2020 am häufigsten in Friedrichshain-Kreuzberg (1321) zu, gefolgt von Charlottenburg-Wilmersdorf (951) und Pankow (943). Für 2021 liegen diese detaillierten Zahlen noch nicht vor. DER SCHWERE KAMPF GEGEN FAHRRADDIEBE Dabei ist von einer hohen Dunkelziffer nicht angezeigter Fälle auszugehen. Der jährliche Schaden wird auf 20 Millionen Euro geschätzt, die Aufklärungsquote liegt bei gerade einmal 4,7 Prozent. Entsprechend könne man wenig über die Täter sagen, heißt es von der Berliner Polizei. Neben Drogensüchtigen würden mitunter reisende Täter, zumeist aus Osteuropa, in Erscheinung treten. Seit August 2021 wurde das Delikt „Fahrraddiebstahl“ von den Strafverfolgungsbehörden zum Teil als Phänomen der organisierten Kriminalität eingestuft. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat Fahrraddieben zuletzt den Kampf angesagt. Kritiker monieren aber, dass sie dabei inhaltlich vage blieb. Zweiräder sind beliebtes Diebesgut. Der jährliche Schaden wird auf 20 Millionen Euro geschätzt. Foto: iStock

16 BERLIN MIT DEM RAD Als vor rund 150 Jahren die ersten Fahrräder auf Berlins Straßen auftauchten, schrieben die Zeitungen von „kühnen Velocipedariern in Thiergarten“. Vornehmlich wagemutige junge Männer versuchten sich auf den damals modernen Hochrädern. Die Mode verebbte rasch aufgrund erheblicher Stürze aus bis zu 2,5 Metern Höhe. Ende des 19. Jahrhunderts begann der Siegeszug des bis heute weltweit verbreiteten Flachrades. Bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges produzierten bedeutende Firmen wie das Unternehmen Adler aus Frankfurt/Main auch in Berlin. Nach 1945 endete die Produktion von Fahrrädern in der Stadt. Mittlerweile gibt es wieder kleine Manufakturen von Nischenprodukten. „Nach der Erfindung des kettengetriebenen Pedalantriebs, der Luftbereifung und Schaltung änderte sich für mehr als hundert Jahre kaum etwas bei der Produktion von Fahrrädern“, berichtet Eckbert Schauer von Ostrad in Prenzlauer Berg. Das Besondere an dem Angebot des Fahrradfachgeschäftes, in dem zahlreiche deutsche und international bekannte Marken vertreten sind, ist die Eigenmarke Ostrad. Rund 100 Räder pro Jahr baut Schauer mit einem Azubi in seiner Werkstatt in Weißensee zusammen. Dazu schweißt er 2,5 Zentimeter dünne Stahlrohre mit einer 650 Grad heißen Flamme zu diamantförmigen Rahmen für die Herrenräder und zu trapezförmigen Rahmen für die Damenräder. „Solider MannesmannStahl, der bei Reynolds in Birmingham veredelt wird“, verrät der 57-jährige Zweiradmechaniker und Rahmenbauer. „Das ist ein Design aus den 1930erJahren“ Gerade einmal zwölf Kilo wiegen die stylischen Bikes. Räder, Schaltung, Bremsen, Licht werden zugekauft und in Handarbeit montiert. Das Ergebnis sind elegant-zeitlose, schlanke Räder wie das Modell Stadtrenner mit geradem Lenker und 9-Gang-Shimano-Schaltung. „Das ist ein Design aus den 1930er-Jahren“, sagt Schauer und blickt stolz auf ein in Ultramarinblau lackiertes Modell eines Stadtrenners. DRAHTESEL MADE IN BERLIN Von Franz Michael Rohm RAD-MANUFAKTUREN In kleinen Manufakturen entstehen in Berlin individuelle Radmodelle. Eine Auswahl Grafik: iStock

17 BERLIN MIT DEM RAD Die handgefertigten Ostrad-Modelle gibt es auch in den Ausführungen Reise-, Touren- und Rennrad. Verkauft werden sie zu Preisen ab 1900 Euro. Das ist geradezu günstig im Vergleich zu den Titan-Rädern, die Daniel Pleikies von der Ein-Mann-Firma Wheeldan in seiner kleinen Werkstatt in Treptow baut. Auch der ausgebildete Metall-Konstrukteur und Schiffsbautechniker schweißt seine Rahmen per Hand. Allerdings schweißt der 47-jährige gebürtige Dresdner im Gegensatz zu Eckbert Schauer elektrisch. Zum Material Titan kam der leidenschaftliche Fahrradfahrer, „weil es langlebig und elastisch ist, leicht, wartungsarm und nie rostet“. In einem Hochregal lagern die silbern glänzenden, meterlangen Rohre mit unterschiedlichen Durchmessern. Zu seinem Glück erhielt Pleikies noch vor dem nächsten Lieferengpass eine Ladung, sodass die Produktion für 2022 „Nach der Erfindung des kettengetriebenen Pedalantriebs, der Luftbereifung und Schaltung änderte sich für mehr als hundert Jahre kaum etwas bei der Produktion von Fahrrädern.“ Eckbert Schauer von Ostrad gesichert ist. Die Warteliste für Interessenten beträgt gut ein halbes Jahr. Dann werden die Kunden in einem ersten Schritt ergonomisch vermessen. Anschließend fertigt Pleikies, der auch Architektur studiert hat, mittels CADComputer-Design-Technik eine millimetergenaue Zeichnung des Rahmens. Der wird in mehreren Arbeitsschritten aus den Titanrohren geschweißt. Eine Besonderheit bei der Technik ist, dass beim Schweißvorgang kein Sauerstoff an die Titanoberfläche gelangen darf. „Sonst wird das Metall spröde und kann reißen“, so Pleikies. Deshalb muss er alle Rohrenden mit speziellen Ventilen versehen und Argon-Gas einleiten, das den Sauerstoff im Rahmen verdrängt. Ist der Rahmen fertig, folgt der Einbau aller nötigen Teile in höchster Qualität: Lenker der japanischen Firma Nitto, Sattel und Schutzbleche des französischen Herstellers Berthoud, Schaltungen der deutschen High-End-Firma Rohloff oder von Pinion, Bremsen der britischen Firma Hope. Sieben bis 14 Kilo wiegt ein Titan-Bike von Wheeldan, je nach Ausführung. Pleikies baut alles, vom Fatbike über Gravel-, Urban- und Rennbike bis zum Faltrad. Jedes Rad ist ein Unikat, und das hat, wer hätte es gedacht, seinen Preis. Ab 8500 Euro kostet ein TitanRad. Eckbert Schauer von der Firma „Ostrad“ in seiner Werkstatt in Prenzlauer Berg. Rund 100 Fahrräder baut er hier pro Jahr. Foto: Sergej Glanze / FUNKE Foto Service

18 „Die Räder sind Kostbarkeiten, die meistens in einer extra Garage oder gleich in der Wohnung übernachten“, so Daniel Pleikies. Wer lernen möchte, wie man aus Stahl einen Rahmen fertigt, kann das in Potsdam bei Robert Piontek aus den USA. Er bietet Vier- bis Fünf-Tage-Kurse an, bei denen man seinen individuellen Rahmen herstellen kann. Im Lichtenberger Kaskelkiez, nicht weit vom Bahnhof Ostkreuz entfernt, produziert die Firma Pedalpower seit Jahren Lastenräder. Michael Schönstedt und Maschinenbau-Ingenieur Harald Busack zählen zu den Pionieren dieses boomenden Segments. Vor rund 35 Jahren entwickelte Autodidakt Schönstedt in der Werkschule eines West-Berliner Jugendprojekts erste Transporträder. „Unser Prototyp hatte als Korb einen zurechtgestutzten Supermarkt-Einkaufswagen“, erinnert sich Schönstedt. Ideen dazu hatte er sich in der dänischen Hippiestadt Christiania geholt. Ende der 1980er-Jahren waren Pedalpower noch „Exoten und auf Fahrradmessen die einzigen Aussteller“, berichtet Schönstedt. Inzwischen zählt die Firma zu den führenden und innovativsten Lastenradentwicklern in Deutschland. Mit 18 Mitarbeitern stellt Pedalpower Lastenräder nicht nur für Individual-Kundinnen und –kunden her. Seit Jahren arbeitet die kleine Firma mit großen Unternehmen wie Bauhaus, UPS, Obi, Hellweg und Ikea zusammen. „Das sind Unternehmen, bei denen der Transport von Einkäufen eine wichtige Rolle spielt und die Interesse an umweltfreundlichen Transportmitteln haben“, so Schönstedt. Handwerkliche Herstellung von Tandems für Paare Mittlerweile besteht sogar eine Zusammenarbeit zwischen Pedalpower und der Universität Magdeburg. „Ziel ist, ein Lastenrad zu entwickeln, das von Kunden mit dem Einkauf nach Hause gefahren wird und dann autonom zurück zum Baumarkt oder Möbelhaus fährt. Das ist natürlich noch ZukunftsOstrad, Winsstraße 48, Prenzlauer Berg, Tel. 44 34 13 93, Dienstag bis Freitag, 9-19, Sonnabend 10-15 Uhr, www.ostrad.de Pedalpower, Pfarrstraße 115, Eingang Kaskelstraße, Lichtenberg, Tel. 55 15 32 70, Montag bis Freitag, 11-16, Sonnabend 10-14 Uhr, www.pedalpower.de Wheeldan, Neue Krugallee 210, Treptow, Tel. 0160-797 79 28, Besuch nach tel. Vereinbarung, www.wheeldan.de Rahmenbaukurse Big Forest Frameworks, Robert Piontek, Alt Nowawes 24, Potsdam, Tel. 01590-153 27 79, 5-Tage-Kurs 1990 Euro, www.bigforestframeworks.com Ein Lastenbike der Firma Pedalpower. musik, aber es zeigt, wohin die Reise geht“, erläutert Michael Schönstedt. Die Produktpalette bei den Lasträdern reicht von muskelkraft-betriebenen Dreirädern mit verschließbarem Koffer über Kindertransporträder bis zu leistungsstarken Schwerlast-E-Bikes wie das Grizzly Cargobike für Lasten bis zu 300 Kilo, mit einem E-Antrieb der Berliner Firma Brose, Preise 2350 bis 7500 Euro. Ein weiteres Geschäftsfeld von Pedalpower ist die handwerkliche Herstellung von Tandems für Paare, Damen und Herren sowie für Erwachsene mit Kindern, Preise 2000 bis 10.000 Euro. INFOS UNTER Foto: Jörg Krauthöfer / Funke Foto Services Grafik: iStock

RkJQdWJsaXNoZXIy MjExNDA4