Thüringer Allgemeine | Dossier | Rot-Weiss Erfurt - 30 Jahre UEFA-Cup

33 30 JAHRE UEFA-CUP RWE ersten Mal bin ich mit dem Auto über die offene Grenze gefahren. Das ging mir schon sehr nah. Doch mit welcher Herzlichkeit ich dann in Erfurt empfangen worden bin, hat mich fast umgehauen“, zeigt er sich noch drei Jahrzehnte später beeindruckt. Weil das Zweitliga-Schlusslicht auch zu Hause gegen den niederländischen Erstligisten über sich hinauswuchs (1:0), ließ „Töppi“ seinen Emotionen am Mikrofon freien Lauf. Die Fernseh-Reportage war neben Tino Gottlöbers goldenem Tor der zweite Volltreffer an jenemMittwochabend. Eine bessere Werbung, findet der frühere Club-Funktionär Rainer Stops, hätte es für den FC Rot-Weiß und die Stadt nicht geben können. Wenige Tage nach dem Spiel traf sogar ein Brief in der ZDF-Zentrale ein, in dem sich Thüringens damaliger Landtagspräsident Gottfried Müller ganz offiziell dafür bedankte, wie sehr sich Töpperwien um die Wiedervereinigung verdient gemacht hatte. Ein Nachspiel, das den so wortgewaltigen Lockenkopf von einst sprachlos zurückließ. Bei so viel Lobpreisungen konnte sein Sender gar nicht anders, als ihn auch für die Zweitrunden-Partien gegen Ajax Amsterdam zu nominieren. Die anfängliche Skepsis des Osteröders hatte sich in riesige Vorfreude verwandelt: „Ich wusste ja, jetzt hatte ich ein Heimspiel.“ Die 1:2-Niederlage gegen den späteren Uefa-Cup-Sieger um Trainer Louis van Gaal sei ein „mehr als achtbares Ergebnis“ gewesen; auch beim 0:3 im Rückspiel hätte sich der Underdog teuer verkauft. Der Reporter, der es in 37 Jahren auf sagenhafte 1444 Einsätze gebracht hat, erklärt: „Bis auf die Krawalle in der Düsseldorfer Altstadt war diese Reise mit Rot-Weiß ein aufregendes Kapitel in meiner Laufbahn.“ Eines, das ein knappes Jahr später sogar eine Fortsetzung abseits des Fußballstadions fand: Töpperwien, für das ZDF gerade bei der Europameisterschaft in Schweden unterwegs, ereilte ein Anruf aus Erfurt. Er hätte sich viele Freunde gemacht und müsse unbedingt die Eröffnung des Prestigeobjektes „Hotel Thüringen II“ moderieren. Ein Angebot, das er zunächst gar nicht ernst nahm, weil der Zeitplan der Berichterstattung über die deutsche Nationalelf eng getaktet war. Aber die umtriebigen Organisatoren um Stops und Jürgen Maul ließen nicht locker, stellten einen ausgeklügelten Flug- und Fahrplan zusammen und versprachen, dass der Fernsehmann pünktlich zum Anpfiff des nächsten deutschen EM-Spiels zurück auf seinem Pultplatz ist. „Und was soll ich sagen?“, grinst Töpperwien noch heute über die Nacht-und-Nebelaktion. „Als die Hymnen erklangen, klopfte ich meinem Kollegen und Freund Günter-Peter Ploog auf die Schulter und flüsterte: Bin wieder da!“ Durch einen Spiegel-Artikel, der den Finanzskandal rund um das Hotel im Sommer 1992 thematisierte, flog sein unerlaubtes Intermezzo auf. Doch den mündlichen Verweis steckte „Töppi“ locker weg. Die Erlebnisse und Freundschaften, die durch die Begegnungen entstanden waren, wogen weitaus schwerer. Als er zur Neuauflage des Groningen-Spiels im Oktober 2014 ins Steigerwaldstadion zurückkehrte, war die Wiedersehensfreude groß. Schließlich hatte der Reporter ein Stück rot-weißer Geschichte mitgeschrieben. Mit Herz und Stimme. Rolf Töpperwien kurz nach der Wiedervereinigung auf der Pressetribüne. FOTO: IMAGO

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