Thüringer Allgemeine | Dossier | Rot-Weiss Erfurt - 30 Jahre UEFA-Cup

27 30 JAHRE UEFA-CUP RWE hagelte, war die Ernüchterung groß. Schnuphase gab sich nach seiner Beförderung keinen Illusionen hin. Er versuchte vor allem, an die Ehre der Spieler zu appellieren. Ohne Erfolg. Das verunsicherte Team unterlag unter seiner Regie mit 0:4 in Saarbrücken sowie 0:3 gegen Waldhof Mannheim und flog beim Drittligisten Reutlingen aus dem DFB-Pokal (1:3). Seine erste und einzige Amtszeit als Cheftrainer endete für den früheren DDR-Nationalspieler nach genau zwei Wochen. Mit der Verpflichtung von Josip Kuze rückte er wieder ins zweite Glied. Fußballerisch und menschlich sei er mit dem bereits 2013 verstorbenen Kroaten sofort auf einer Wellenlänge gewesen, meint Schnuphase rückblickend: „Er wollte, dass ich dabeibleibe, weil ich die Jungs kenne. Anfangs war die Zusammenarbeit kurios. Weil er kaum Deutsch sprach, saß immer ein Dolmetscher mit in der Kabine und übersetzte alles. Dadurch dauerte jede Sitzung fast doppelt so lang.“ Ein Mehraufwand, der sich zumindest bei den Höhepunkten auf internationalem Terrain bezahlt machte. Obwohl die Rot-Weißen ohne viel Selbstvertrauen und mit dem letzten Aufgebot zu ihrem ersten Europapokal-Abenteuer nach Groningen aufbrachen, kehrten sie erfolgreich zurück. „Der Gegner hat uns unterschätzt. Wir schossen ein schnelles Tor und hatten danach Disztl hinten drin“, fasst Schnuphase den Sieg beim Erfurter Uefa-Cup-Debüt zusammen. Dass der Verein auch das Rückspiel gewann und damit den Dritten der niederländischen Ehrendivision ausschaltete, kam einer Sensation gleich. Als Aktiver kannte Schnuphase das besondere Europacup-Gefühl aus 35 Partien mit Jena. Doch als junger Trainer erlebte er das internationale Flair aus einer noch vielfältigeren Perspektive: „Da geht es ja nicht nur um die eigene Leistung, sondern um das große Ganze. Und wir haben das trotz aller Probleme in der Liga ja ganz gut hingekriegt.“ Der spätere Uefa-Cup-Sieger Ajax Amsterdam mit seinen Stars Bergkamp, Winter, Wouters und de Boer war in der zweiten Runde dann eine Nummer zu groß (1:2, 0:3). Da nutzte selbst die „Spionagetour“ nichts, die Schnuphase zuvor unternommen hatte. Aber in Amsterdam traf er in Louis van Gaal einen Gegenspieler wieder, der seinen schmerzvollsten Moment einst auf dem Platz miterlebte. Der AjaxTrainer spielte für Sparta Rotterdam, als Schnuphase im November 1983 bei seinem Führungstreffer für Jena so schwer am Kopf getroffen wurde, dass er zwei Monate ausfiel. „Er erinnerte sich noch gut daran und hat mich eingeladen, bei ihm zu übernachten“, erzählt der heute 67-Jährige. Doch bescheiden, wie er war, lehnte er dankend und ab und düste in der Nacht zurück nach Erfurt. Bei den Spielen gab noch ein paar kurze Gespräche, ansonsten verfolgte er die herausragende Karriere (Barcelona, Bayern, Manchester United) des aktuellen Bondscoaches anerkennend aus der Ferne. Aber auch auf seine eigenen 21 Jahre beim Landesverband blickt Schnuphase zufrieden zurück. Dabei konnte er vielen Talenten Erfahrungen aus Zeiten weitergeben, in der der Thüringer Fußball noch strahlte. Über die Grenzen hinaus. Zur Person Rüdiger Schnuphase zählt zu den erfolgreichsten Thüringer Fußballern. Er absolvierte für den FC Rot-Weiß und den FC Carl Zeiss 320 Oberliga-Spiele (123 Tore). In der Saison 1981/82 wurde er als Libero (!) mit 19 Treffern Torschützenkönig und zum „DDRFußballer des Jahres“ gewählt. Zwischen 1973 und 1983 bestritt er 45 Länderspiele (sechs Tore). Nach der aktiven Karriere arbeitete er als Nachwuchs- bzw. Co-Trainer bei Rot-Weiß sowie bis September 2019 als Landestrainer für den Thüringer Fußballverband. FOTO: STEINHORST Rüdiger Schnuphase, 67

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